Es ist ein kalter Märztag südlich von Moskau. Während sich die letzten Sonnenstrahlen einen Weg durch dichte Wälder bahnen, besteigt unser vierköpfiges Agententeam verkleidet als Küchenpersonal den Shuttlebus zur Militärbasis. Schon kurze Zeit später finden sie sich auf dem Gelände wieder, werden aber auf dem Weg zum Offizierskasino vom Küchenchef abgefangen, der sie zu einer behelfsmäßig errichteten Feldküche am westlichen Ende der Basis bringt, wo schon zahlreiche hungrige Soldaten warten. Um keine Zeit verlieren, entscheidet man sich, den Küchenchef mit dem manipulierten Wodka außer Gefecht zu setzen, während Cool sich heimlich auf den Weg zum Offizierskasino macht. Die Soldaten erhalten ebenfalls etwas von dem Wodka, damit sie später bei der Flucht keine Probleme bereiten. Leider sind es so viele, dass nun kein Wodka mehr für die Leute im Offizierskasino übrig ist. Aber wenigstens steht die Gruppe schon nach kurzer Zeit am Kücheneingang des Offizierskasions, den Cool ihnen von innen öffnet.
Im Offizierskasino angekommen macht sich die Gruppe sofort auf dem Weg zum Überwachungsraum. Breaker schickt den dort stationierten Soldaten mit einem gezielten Handkantenschlag ins Reich der Träume und Lucky versucht, mit Hilfe der Kameras den richtigen Lastenaufzug zu finden. Das gelingt ihm auch, aber in der Sicherheitszentrale der Basis registriert man auffällige Kamerabewegungen und sendet einen Trupp Soldaten zur Untersuchung der Angelegenheit aus.
Lucky und Hornet machen sich mit dem Aufzug auf den Weg in den Keller, während Cool und Breaker oben die Stellung halten. Unten angekommen finden sie am Ende eines Ganges eine ungewöhnlich schwer gesicherte Tür mit Ziffernblock. Dank Luckys technischer Fertigkeit ist auch dieses Hindernis schnell überwunden und die beiden Agenten finden sich tatsächlich im geheimen Labor wieder. Doch da wartet schon das nächste Problem: Dr. Vetrov hat seine achtjährige Enkelin Ivana dabei und will nur unter der Bedingung mitkommen, dass die Agenten auch für ihre Sicherheit garantieren.
Währenddessen ist oben die sechsköpfige Patrouille am Überwachungsraum angekommen. Breaker versucht, verkleidet in der Uniform des zuvor ausgeschalteten Wachmanns, die Soldaten abzuwimmeln, wird aber schnell enttarnt. Nur dank seiner überlegenen Nahkampffähigkeiten kann er den Trupp ausschalten, bevor die Gäste Wind von dem Zwischenfall bekommen. Gerade als er den letzten ausgeschalteten Soldaten verstecken will, kommt Erich Honecker höchstpersönlich mit einem Adjutanten um die Ecke. Beide Seiten sind zunächst gleichermaßen überrascht, doch einige Faustschläge später hat Breaker erneut die Oberhand gewonnen. Da der zu extrahierende Wissenschaftler ohnehin eine gewisse Ähnlichkeit mit Honecker besitzt, beschließt er, diesen in den Keller zu tragen und dort als vermeintliches Unfallopfer abzulegen.
Gesagt - getan. Honecker wird im Labor platziert, Lucky bringt den Sprengsatz samt Zeitzünder an und die Agenten ziehen sich mit Dr. Vetrov und dessen Enkelin in den Lastenaufzug zurück. Durch den Hintereingang verlassen sie das Offizierskasino, wobei nur Cools Redegewandtheit das Team vor der Enttarnung bewahrt, als sie zufällig einer KGB-Mitarbeiterin über den Weg laufen. Weiter geht es durch den inzwischen einsetzenden Schneesturm zur Nordseite des Komplexes. Dann der Schock: Direkt über dem für die Flucht vorgesehenen Kanaldeckel ist ein russischer Panzer liegengeblieben, samt zwei lautstark streitenden russischen Soldaten - und Luckys Uhr zeigt nur noch wenige Minuten bis zur Detonation. Jetzt muss es schnell gehen: Breaker eliminiert die Soldaten mit zwei gezielten Kopfschüssen. Hornet stellt Ivana, die bei diesem Anblick zu schreien anfängt, mit dem Chloroform ruhig und kann gerade so verhindern, dass Dr. Vetrov deswegen komplett ausrastet. Lucky bringt den Panzer wieder zum Laufen und räumt den Kanaldeckel. Ohne den Panzer vollständig abzubremsen, springt er aus der Luke. Der T34 bricht durch die Außenmauer und löst einen Großalarm in der Basis aus.
Doch da ist das Agententeam schon durch den Kanaldeckel verschwunden. Gerade als sie sich aus dem Abflussrohr gerettet haben, geht Luckys Sprengladung los und die Militärbasis verwandelt sich in einen riesigen Feuerball. Während Kampfhubschrauber aufsteigen, fährt ein Militär-LKW mit einem jungen Asiaten am Steuer vor, welcher den Agenten bedeutet, einzusteigen. Als der Doktor und Ivana aufgestiegen sind, springt Hornet ins Führerhaus und bedeutet dem Fahrer, Vollgas zu geben - er ist in Wahrheit im Auftrag des chinesischen Geheimdienstes unterwegs! Als Breaker den Verrat bemerkt, tötet er den LKW-Fahrer mit einem gezielten Schuss. Das Fahrzeug überschlägt sich, landet im Straßengraben, Dr. Vetrov bleibt bewusstlos mit einer Platzwunde am Kopf liegen. Zu allem Überfluss hat durch den Lärm einer der Hubschrauber den LKW und die Agenten entdeckt. Lucky schafft es gerade noch, das Mädchen zu schnappen und sich in den Wald abzusetzen, als der Hubschrauber das Feuer eröffnet und der LKW in einem Feuerball aufgeht.
Im Nachhinein merkte Sosolid (der an diesem Abend übrigens zum ersten Mal überhaupt ein Rollenspiel spielte) an, dass Breaker dem Team eigentlich nur zugewiesen worden war, um Honecker auszuschalten. (Hatte niemand von uns so geplant gehabt, fanden wir aber irgendwie passend.
)
Zeit für Durchführung: ca. 2 Stunden
Die Resolutionsmechanik von Wilderness of Mirrors ist schnell erklärt und geht im Spiel flott von der Hand. Wenn der Ausgang einer Situation unklar ist, würfelt der Spieler des Agenten eine Anzahl von W6 entsprechend seinem Wert in der am besten passenden Rolle (z.B. Gunman). Mit Missionspunkten können Bonuswürfel gekauft werden. Anhand des Ergebnisses wird aber nicht der Ausgang der Aktion festgelegt, sondern das Erzählrecht verteilt: Bei einem sehr guten Wurf darf der Spieler den Ausgang der Aktion schildern, bei einem sehr schlechten Wurf ist der Spielleiter an der Reihe. Dazwischen darf jeweils eine der beiden Seiten erzählen, während die andere noch ein Detail anbringen darf (bei uns oft in der Form "Ja, aber…", "Nein, aber…").
Dank dieser Mechanik kann man meines Erachtens sehr viel Spiel in relativ kurzer Zeit unterbringen. Zwar mussten wir das Ende aus Zeitgründen abkürzen, aber wenn ich statt 3,5 Stunden insgesamt für die Runde 4-5 Stunden eingeplant hätte, wären wir wohl ohne Probleme fertig geworden.
Die Agenten sind allerdings in Wilderness of Mirrors wirklich sehr kompetent. In unserem Spiel konnte jeder häufig in seinen Spezialgebieten brillieren, wodurch ich als Spielleiter beim Ausgang von Aktionen nur gelegentlich mitreden durfte (das alleinige Erzählrecht habe ich nur ein einziges Mal erhalten, wenn ich mich recht erinnere). Eventuell hätte ich da auch freigiebiger mit meinen Setback Points umgehen müssen. Das sind Punkte, die der Spielleiter alle 20 Minuten Echtzeit erhält und mit denen er Würfe der Spieler herabstufen kann. Zum Ende des Spiels hatte ich nur die Hälfte meines Punktvorrats ausgegeben.
Für größere Unklarheit sorgte die Verräter-Mechanik: Ein Spieler, der sich gegen das Team stellt, kann im Spiel drei Bonus-Missionspunkte erhalten. Allerdings ist im Regelwerk nicht geklärt, was zu tun ist, wenn zwei Spieler gegeneinander handeln wollen. Wer würfelt, einer oder beide? Und geht das Erzählrecht bei einem schlechten Wurf auf den anderen Spieler über oder trotzdem auf die Spielleitung? Ich will nicht ausschließen, dass ich das Regelwerk an dieser Stelle missverstanden habe, aber uns fiel keine wirklich befriedigende Lösung ein.