Hi.
Du hast ja ein Splittermond-Symbol an den Beitrag gemacht, aber deine Fragen sind, bis auf eine, ja doch sehr allgemein gehalten. Daher will ich da auch ganz allgemein drauf antworten (bis auf Frage 5).
1.) Hier auf der Drachenzwinge hängt das davon ab, was für eine Runde man spielt. Bei festen Runden versucht man, möglichst bei ein und demselben Charakter zu bleiben, bei Spontanrunden wechselt man die Charaktere häufiger auch einmal durch. Nicht selten trifft man in Spontanrunden häufiger auf "experimentelle" Charaktere, als in festen Runden. Letztere werden von einigen Spielern vielfach als "ernsthafter" wahrgenommen, was sich auch auf die Ausgestaltung des Charakterhintergrundes auswirkt. In Runden von 4 oder 5 Stunden ist es alleine zeitlich nicht möglich, den Charakterhintergrund aller Beteiligten einzubringen und gleichzeitig auch noch eine Geschichte zu erzählen, die sich nebenher abspielt. Wenn einer meiner Charaktere stirbt (passiert zum Glück überaus selten), dann wird er nicht mehr gespielt und wandert auf den Charakterfriedhof. Dass Charaktere immer wiederbelebt werden, kommt aber bei manchen Systemen (Paranoia) z.B. vor und macht hier gerade den Reiz des Spiels aus.
2.) Angepasstheit an die Spielcharaktere betrifft vor allem Kampagnen, also wenn man länger mit den Charakteren zu tun hat. Für Spontanrunden sind mir die Charakterhintergründe als Spielleiter recht egal. Da erwarte ich von den Spielern, dass sie sich der Natur einer Spontanrunde bewusst sind und selbst dafür sorgen, in den Plot zu kommen (wenn es glaubwürdig ist, natürlich... es gibt natürlich auch schlechte Plots ...). Schwierigkeit ist ein großes Thema für mich als Spielleiter, vor allem was Kämpfe und oder Rätsel angeht. Zum Glück gibt es in den meisten Systemen (die ich kenne) irgendeine Form von Skala (Ein Level, Monstergrad, was auch immer), das angibt, wie stark ein Gegner ungefähr ist. Eine spannende Story kann man meiner Meinung nach schlecht vorbereiten, die ergibt sich aus dem Zusammenspiel. Was man als Spielleiter machen kann, ist versuchen, eine gewisse Spannung zu fördern, aber ohne entsprechenden Input der Spieler wird das halt nichts.
3.) Wie Ravno schon gesagt hat: Dazu gibts eine Million verschiedener Antworten. Generell: Improvisieren. Die meisten Charaktere begeben sich nicht aus reiner Willkür abseits des Weges, sondern weil sie dafür einen Grund haben. Das kann sein, dass man als Spielleiter ein kleines Detail des Plots zu sehr betont hat, sodass die Spieler die Nebengeschichte für die Hauptgeschichte halten oder dass sie einer Entscheidung ausweichen wollen ("Wir können die Frau jetzt nicht zum Tod verurteilen, hier muss es irgendwo noch Hinweise für ihre Unschuld geben. He, Ihr da! Sagtet Ihr nicht etwas von einem Geist?!"). Im Allgemeinen halte ich es für die beste Taktik, die Spieler nicht auf den Hauptweg zurück zu zwingen. Stattdessen empfehle ich, entweder sie die Nebengeschichte ein bisschen verfolgen und dann in einer (zeitlichen) Sackgasse enden zu lassen (beispielsweise könnte der Geist sich weigern, mit ihnen zu sprechen oder ist nicht auffindbar, ohne dass die Charaktere hier weitere Recherche betreiben, während die Hautpgeschichte immer weiter eskaliert), oder - wenn das möglich ist - kann man die Nebengeschichte auch zum Teil der Hauptgeschcihte machen. Vielleicht weiß der Geist ja wirklich etwas, das die arme Frau vor dem Tod bewahrt? Vielleicht war er ja Zeuge von irgendetwas. Die Spieler freuen sich dann, dass sie diesen Hinweis gefunden haben (obwohl er eigentlich erst entstanden ist, als sie danach gesucht haben).
4.) Da stimme ich Ravno zu. Die meisten Spieler wissen mit der Zeit, wann eine Probe anfällt. Generell halt immer im Kampf, und ansonsten wenn eine Sache nicht selbstverständlich für den Charakter ist (oder regeltechnische Vorteile bietet, z.b. beim Feilschen). Oft sagen die Spieler aber auch von sich aus "Ich würfle mal auf XY", obwohl ich eine Probe gar nicht unbedingt verlangt hätte. Jeder wie er will.
5.) Bei Splittermond ist die Einsteigerregion das Kaiserreich Selenia und hier insbesondere die Arwinger Mark. Hier gibt es einen Regionalband zum Reich selbst und einen (kostenlos herunterladbaren) Regionalband zur Mark im Speziellen - enthalten sind zwei Abenteuer für Einsteiger. Ob es so etwas auch bei anderen Rollenspielsystemen gibt, weiß ich nicht.
6.) Beide Sorten von Abenteuern haben ihren Reiz: Bei den fertigen muss ich nicht viel Zeit in die Vorbereitung stecken. Ich muss sie nur lesen und ggf. Handouts rauskopieren und in der Spielplattform meines Vertrauens einpflegen. Dafür bin ich vielleicht auch nicht so gut darauf vorbereitet, wenn Charaktere vom Weg abkommen, da ich eben nicht der Autor des Abenteuers bin. Bei selbstgeschriebenen habe ich viel besser die Möglichkeit, auf die Hintergründe der Charaktere einzugehen und bin beim Leiten flexibler. Dafür muss ich im Vorfeld eben mehr Überlegungen in NSC, Szenen und Spielorte stecken.
7.) Aus meiner Sicht ist die wichtigste Spielleiter-Fähigkeit, improvisieren zu können, was zum Glück erlernbar ist und nichts mit angeborenem Talent zu tun hat. Es gibt diese abgenudelten Sprichwörter "Kein Plot überlebt den ersten Kontakt mit den Spielern" usw. Die sind zwar echt alt und haben einen langen Bart, aber im Kern treffen sie eben doch zu. Häufig reagieren Charaktere nicht so, wie man es voraus geplant hat und da muss man dann improvisieren. Sei es der völlig unwichtige NSC, der plötzlich nach seinem Namen gefragt wird (eine Liste mit passenden Namen am Tisch liegen zu haben, ist ein guter Tipp) oder die plötzliche Routenänderung aufgrund irgendeines Entschlusses, was einen als SL vor die Wahl stellt, mal eben auf die Schnelle eine bisher nicht besuchte Stadt zu beschreiben oder die Reise dorthin so in die Länge zu ziehen, dass man sich bis zur nächsten Sitzung etwas Handfestes ausdenken kann.
LG