Moinsen,
jetzt wollte ich endlich mal meine Erfahrung(en) mit Fantasy Grounds im Zusammenhang mit Pathfinder 2 teilen. Allerdings muss ich sagen, auch wenn ich so ziemlich jedes Tool auf dem Markt zumindest getestet habe, bin ich voreingenommen. Persönlich halte ich Fantasy Grounds zeit seiner Existenz für das Programm schlechthin und ich gebe mir darin immer automatisch recht. Daher: Ich bin nicht Objektiv auch wenn ich es durchaus hier und da versuche.
Genauso geht es mir mit Pahtfinder gegen Dungeons & Dragons. Ich habe 10 Jahre lang D&D3.5 gespielt und vielleicht 5 - 6 Jahre lang Pathfinder und weniger als ein Jahr jetzt Pathfinder 2. Dennoch waren mir die Regeln schon deutlich lieber in Pathfinder und noch mehr in Pathfinder 2, vor allem weil es endlich eine deutlichere Klassenvarietät gibt und eine klare und gute balance.
In Dungeons & Dragons ist es so, wenn du einen Barbaren gesehen hast, hast du alle gesehen. In Pathfinder 2 können sich 4 Barbaren deutlich voneinander unterscheiden und das liegt nicht nur an der extrem gut gelungenen Charaktererschaffung sondern auch an den klassenspezifischen internen Archetypen (Praktisch Schurke version 1, 2 oder 3. Blah! Hau! oder Sneakysneaky!) die spezifische Spielweisen möglich machen. Zeitgleich ist das Fähigkeitensystem (Feats) extrem gut gelungen und schon bei den Völkern kann man sich verschiedenste Sachen auf Stufe 1 aussuchen. Das Multiclassing ist ebenso endlich sehr gut gelungen auch wenn ich das bisher nur in der Theorie ausprobieren konnte.
Wo ich früher beinhart gesagt hätte das jeder der auf Stufe 1 anfängt ein absoluter Narr ist, macht es einen riesenspaß in Pathfinder 2 auf Stufe 1 zu beginnen. Charaktere halten was aus und bieten viel Abwechslung. Klar, ein halbwegs durchschnittlicher Spielleiter kann auch in D&D3.5/Pathfinder 1 mit Stufe 1 etwas gutes vorbereiten aber wenn man mal zwei Krieger/Barbaren dabei hat? Da gibt es keinerlei Abwechslung in D&D. Selbst D&D 5e hat nach wie vor die selben Schwächen und ist höllisch unausgeglichen. Allerdings weiß ich das nur von größeren YouTube-Kanälen und das Menschen gerne und viel lügen könnte man ja auch noch behaupten - Da ich aber 3.5 nahezu in und auswendig kenne und 4e gespielt hatte... Glaube ich den Leuten das.
Kann man trotzdem in allen System spaß haben? Klaro! Und ich werde/würde auch liebend gerne 5e D&D spielen - Denn die Story und das Gruppenrollenspiel, das ist mir wichtig. Ob jetzt Magier Mächtig auf Stufe 20 ganze planare Ebenen einfach so vernichten kann ist für mich dabei egal. Ich spiele auch einen Gnomen-Barbaren weil ich es will und nicht Karl Kleinhau den Minmax-Krieger der alles auf Stufe 1 mindestens 8mal mit einem hieb töten kann. Oder den Paladin Ronny Rottenkiller der alles böse bis hin zum Stufe 30 Lich mit einem Hieb auf Stufe 3 zerlegt.
Aber Pathfinder 2 hat auch gewaltige Schwächen. Fangen wir mit seiner größten Schwäche an: Dem Grundregelwerk. Es ist bildschön und hat alles drin was man sich wünschen kann. Nur nicht an einem Ort. Das heißt das ihr Teilweise für 1 Sache von Kapitel zu Kaptiel springen müsst und diverse Abschnitte durchlesen müsst um zur gewünschten Funktion zu kommen die ihr da braucht. Es ist grauenhaft sich mit dem GRW auseinanderzusetzen und da wünsche ich mir die wunderschöne Aufgliederung von D&D her.
Monster. Vor allem Monster-StatBlöcke. Als Spielleiter muss man manchesmal schon so einiges vorbereiten und da sind die Statblöcke eine große Hilfe. Man muss nichts rechnen, nichts bauen, einfach passende Monster aussuchen und fertig.
"Junger weißer Drache"
90ft - Frightening Presence - DC20
Kein Witz. So steht das da. Im Gegenzug in den D&D Statblöcken, die dadurch natürlich etwas größer Ausfallen, würde stehen:
"Junger weißer Drache"
90ft - Frightening Presence - Save: Will DC: 20
If a character fails its saving throw they cower in fear and get 'effect' which does 'exactly this'. If they managed their saving throw they are immune to the dragons presence throughout the fight.
Pathfinder 2 setzt voraus das ihr als Spielleiter alles auswendig kennt. Ansonsten kommt es zu vollstops in Kampfrunden bei den ersten malen. "Was macht nochmal Fähigkeit X schon wieder? Sekunde. Ahja, hmhmmm ja. Gut, okay, kann weiter gehen". Und ja, es kommt vor das ihr keine Antwort bekommt weil das Wissen zu tief versteckt ist. Das Monsterhandbuch ist keine sonderlich große Hilfe denn auch da ist alles ziemlich gut versteckt.
Aber jetzt wird dem ein oder anderen ja aufgefallen sein das ich sagte "Fantasy Grounds und Pathfinder 2" das heißt es gibt doch ein Modul? Richtig! Und hier kommen wir zum nächsten Nachteil wenn ihr vieles/alles automatisieren möchtet: Die Bücher für Fantasy Grounds kosten teilweise richtig heftig schotter und bieten keine Funktionalität außerhalb von FGC/FGU! ihr bekommt nicht etwa noch extra ein PDF - Nein. Ihr bekommt das Modul und könnt durch das Buch innerhalb von FGU/FGC durchblättern aber nicht außerhalb.
Trotzdem: Drag & Drop Features, halb-automatisierter Charakterbau, automatisierung von allem was man möchte. Das ist jeden einzelnen Cent wert. Das würde ich sogar per Tablets in einen echten Tabletop-Tisch mit einbauen, einfach weil es zu gut ist es nicht am Tisch selbst auch noch zu nutzen.
Kein Trommelfellplatzen weil Martin Metallwürfel seine 20kg D20 aus der Erdumlaufbahn auf den Tisch schleudert, keine "Jetzt ist es ein echter Charakter! Er hat Kaffeeflecken!" mehr und schon gar nicht "Ach kagge, ich hab meinen Charakterbogen vergessen"! Allerdings könnt ihr mit einem solchen Tisch dann auch locker den Preis eines Kleinautos drauflegen
Wer den Platz und das Geld hat: Machen. Es geht nicht mehr besser.
Auch wenn es selbst in Pathfinder 2 ein paar wenige Regeln (Furch z.B.) gibt die keinen Sinn ergeben (-1 auf alle Aktionen. Sehr furchteinflößend. Statt einen garantieren treffer gibts halt nur einen garantieren Treffer. Na? Wer merkts? ^^). Klar, viele Sachen sind 'stapelbar' und Furcht 5 sind schon satte -5 auf alles. Oder 'slowed 2' wo man satte 2 Aktionen verliert. Die schlechten Statblöcke sind aber pers se nicht 'voll schlecht' sondern eher in Richtung 'ungünstig'. Es erfordert das man als Spielleiter eben ein paar Randnotizen machen sollte was jetzt nicht so schwer ist.
Fantasy Grounds erfordert zwar das man sich darin einarbeitet und jeder dabei mitmacht aber man wird belohnt mit flüssigem, schnellen spielen und kann deutlich mehr Fokus auf das Rollenspiel untereinander legen.
Zurück nochmal zu etwas was D&D weit abschlagen lässt von Pathfinder 2:
Kampfökonomie.
D&D: Standard-Action, Swift-Action, Free-Action, Bonus-Action, Reaction-Action - Viel Spaß beim planen und tüfteln.
PF2: 3 Aktionen. Du willst zuhauen, laufen, zuhauen? Mach. Du willst 3x zuhauen? Mach. Egal was du tust. Du hast 3 Aktionen pro Runde und fertig. Kein Rätselraten mehr ob der Angriff mit der Zweithand jetzt eine Bonus-Action war oder doch eine Free-Action. 1 Aktion: Beide Waffen.
Die Regeln für den Kampf mit zwei Waffen sind überdies um längen besser als sie es in D&D je waren. Haupthand, malus x, Nebenhand, malus y - 1 Aktion. Angriff. Und man braucht nicht erst 3 verschiedene Feats um den Kampf mit zwei Waffen überhaupt erst zum funktionieren zu bringen. Habt einfach spaß mit eurem D'artagn... D'Ar... Mit eurem Musketiercharakter!
TL|DR
Fantasy Grounds ist echt sauteuer aber jeden Cent wert. Pathfinder 2 ist super mit wenigen Einschränkungen und ist damit auch deutlich Einsteigerfreundlicher als D&D.