Ein neuer Bericht unseres Magus Adebar Helmisch:
Oh weh mir einfältigem Tor, dass ich wirklich geglaubt habe, ausreichend Geschick und Nerven zu besitzen, mich des Nachts in fremden Häusern umherzuschleichen. Gepriesen sei Phex für sein mildtätiges Lächeln, denn es ist wohl nur seiner Gunst zu verdanken, dass wir dieser brenzligen Situation entfliehen konnten, ohne Schaden an Körper und Geist zu nehmen. Wobei ich mir mit letzterem nicht so sicher bin, was meine Person betrifft. Gebe der Fuchsköpfige, das diese Zeilen nicht in die falschen Hände geraten (immerhin haben wir ihm mit diesem Streich gegen die Obrigkeit einen nicht geringen Dienst erwiesen)!
Wir hatten uns also entschieden, einen dreisten Raub zu begehen, um die Falschheit des bereits genannten Dokuments beweisen zu können und damit die Liebe unseres Freundes Alonzo zu seiner Geliebten vor dem hohen Adel des Horasreiches zu legitimieren. Gekleidet in unauffällige Gewänder - die einem Magus beileibe nicht geziemten - versteckten wir uns in einem leerstehenden Haus auf dem Gelände der Burg und warteten auf das Ende des Festes. Wir verharrten in banger Stille, während wir draußen die Wachen patroulieren hörten. Als wir uns sicher waren, dass die Zeit reif sei, schlichen wir uns nach draußen und verteilten uns auf dem Gelände um es auszukundschaften - es waren nicht grade wenig Wachen, die es zu überwinden galt. Während wir uns noch versuchten zu einigen, wie denn am besten vorzugehen sei, geschah etwas, dass uns das Blut in den Adern gerinnen ließ:
Eine Gruppe gemeiner Diebe, die es anscheinend nur auf Gold und Geschmeide abgesehen hatten, tappten prompt in eine hinterlistige Falle. Nicht, dass man sie in den Kerker werfen ließ - Oh nein! Sie wurden von den magischen Flammen der Adlerorden-Magier zerfetzt, am lebendigen Leib geröstet und zu Asche verbrannt. Ein riesiges Aufgebot vor Waffen strotzender Krieger war ebenfalls zu gegen - was nicht wundert, wenn man bedenkt, dass die Hauptresidenz dieses Ordens nur einen Steinwurf von unserer Position entfernt, auf demselben Gelände lag. Nach einigen Worten, die an unser Ohr drangen, war schnell klar, dass diese Falle nicht den unglückseeligen Toten, sondern UNS galt. Mit klopfenden Herzen beratschlagten wir erneut, denn auch auf magischem Wege, war es mir nicht möglich, an Informationen zu gelangen, die uns weiter halfen und die Krieger des Ordens verstanden sich gut darin, nicht gesehen zu werden, wenn sie es nicht wollten.
Letztlich entschieden wir uns, über die Fenster im zweiten Stockwerk in das Bankgebäude einzusteigen, in dessen Erdgeschoss sich die Ausstellung mit dem Dokument befand. Ausgerüstet mit einem Seil kletterte ich selbst - ein Magier von Stand! - die hohe Mauer empor. Therberasch war für dieses Unterfangen mehr als zu stark gerüstet und wie es sich heraus stellte, behagte jegliche Höhe unserem Alonzo ganz und gar nicht. Der Rest von uns stand geduldig Wache und war somit fein aus dem Schneider. Es stellte sich heraus, dass ich meine tadellosen Kletterkünste aus Kinderjahren über die Zeit hinweg retten konnte und mich elegant wie eine Schlange durch den Sand an der Fassade emporzog. Ich zerschnitt vorsichtig das dicke Ölpapier der Fenster und ermöglichte meinen Freunden so den leichten Aufstieg am Seil. Alonzo wusste gar seine Höhenangst zu bewältigen - Praios sei Dank! - denn alleine hätte ich es niemals geschafft, den Vollgerüsteten Angroschim in die Höhe zu ziehen. Ist er auch noch so zäh, stark und tapfer - seine Rüstung und Wehr, die er dickköpfig und stur wie wir ihn nunmal kennen nicht ablegen wollte, zwangen ihn mit beiden Beinen fest auf der sicheren Erde zu bleiben, die er so sehr liebt. Jedem Scholaren, der die morgendlichen Ertüchtigungen seiner Akademie als schweißtreibend und erschöpfend genug empfindet, soll sich doch mal an dem gleichen Kunststück versuchen - ihm werden im wahresten Sinne der Worte Luft und Spucke wegbleiben!
Wir schlichen durch die dunklen Räume und bemerkten bald, dass wir nicht alleine waren. Ein arbeitswütiger Schreiberling nutzte die Ruhe der Nacht, seine Bücher zu kontrollieren und zu vervollständigen. Während Alonzo und ich weiter hinab schlichen, kauerte sich unser bärtiger Freund auf die Treppe, die den ersten mit dem zweiten Obergeschoss verband. Bei jedem seiner Schritte erklang ein unglaubliches Getöse und Geschepper. Ein Topfhändler, der seine Waren des Nachts auf einem Karren über ein Kopfsteinpflaster schob, wäre weniger auffällig gewesen.
Wir schlichen also ins Erdgeschoss, wo Alonzo das Dokument an sich zu bringen versuchte. Währenddessen, hatte etwas die Aufmerksamkeit des Schreiberlings geweckt und eine wache war auf dem Weg hinauf in das erste Obergeschoss. Ich bangte weniger um unseren trinkfesten Zwerg, als um das Leben Unschuldiger, als ich ebenfalls nach oben schlich, um im Falle eines Falles die Wache niederzuschlagen, bevor Therberasch sie zu Kleingehacktem verarbeiten konnte. Doch anscheinend hatte ich unseren kurzbeinigen Freund unterschätzt, er verstand es sich geschickt zu verbergen und blieb, ebenso wie Alonzos derweiliger Erfolg und mein vorsichtiges Spähen unbemerkt.
Wir entkamen auf dem selben Weg, auf dem wir gekommen waren - doch bei weitem ungeschickter. Mir war wieder die Aufgabe zu Teil geworden, ohne dem Seil die Fassade zu bewältigen und so kletterte ich zuletzt hinab in die wartende Nacht. Auf halber Strecke jedoch rutschte ich ab, fand keinen Halt und stürzte hinab, direkt auf unseren tapferen Horasier, der sich aufopferungsvoll zwischen mich und dem harten Boden gebracht hatte, um meine Schmerzen zu lindern. Er brach sich dabei eine Rippe und ich muss zugeben, dass es mir recht peinlich war, derart ungeschickt gewesen zu sein. Um bei der Wahrheit zu bleiben: Es scheint mir in die Wiege gelegt und hatte mich schon viel zu lange verschont (ich erinnere mich noch mit flauem Gefühl an das letzte Mal, als ich bei einem furchtbaren Unwetter mit Sack, Pferd und Karren eine steile Böschung hinab stürzte und mir etliche Rippen, und ein Bein brach). Doch zurück zur vergangenen Nacht: Wieder einmal brachte ich meine heilenden Hände zum Einsatz und ich danke der Göttin Hesinde, dass sie mich mit soviel Talent und Können gesegnet hat, denn unsere Flucht wäre wohl bei weitem problematischer verlaufen, als sie es ohnehin schon tat. Therberasch und ich bildeten eine Leiter, an der Alonzo hinauf über die nicht allzu hohe Mauer klettern sollte. Nicht nur, dass er sich mit allem Eifer für meinen Sturz auf ihn revanchierte und mich mit Armen, Beinen und Knien maltretierte, er tat es mir gleich und fiel - jedoch wesentlich geschickter als ich. Bei einem erneuten Versuch gelang es ihm jedoch und wir entkamen mithilf des Seils und einiger Kraftanstrengungen.
Das entwendete Dokument ließ Skriff von einem Luftgeist in einem hohlen Baum, zweieinhalb Meilen vor der Stadt verstecken, damit sie nicht bei uns gefundenw erden konnte, sollten wir in das Fadenkreuz der hiesigen Gerichtsbarkeit gelangen. Gebe Boron, dass ich trotz meiner Sorgen den morgigen Tag betreffend Schlaf finden möge!