Tagebuch des dritten Hofmagus zu Gareth, Adebar Helmisch
Den Göttern sei Dank, dass sie mir gestatten diese Zeilen nieder zu schreiben. Der Herrin Hesinde zum Wohlgefallen. Von unserem Gönner und Vorgesetzten – immerhin schlägt man einem verdienten Kämpen des Reiches keine dringende Bitte ab – zu einer ebenso tollkühnen, wie dreisten, aber keinesfalls frevlerischen Tat getrieben (die Herrin ist mein Zeuge, dass ich nur ehrbare Ziele verfolge), ein Artefakt aus der Bannstrahler Feste Burg Auraleth zu stehlen, gelangten wir nach einer guten Stunde Ritt an unser Ziel.
Im Dorf zum Fuße der Wehrmauern herrschte reges Treiben und man schenkte uns kaum Beachtung. Bevor wir uns sicher waren, von welcher Seite wir uns den Wehranlagen nähern wollten, fiel uns ein Mann in der Uniform der Bannstrahler auf. Nach einem kurzen Wortwechsel, gestand er, der ehemalige Koch im Dienste der kämpfenden Praiosdiener gewesen zu sein und sich des Diebstahls schuldig gemacht zu haben. Leid tat er mir dennoch nicht. Einerseits sprach er von seiner Strafe als sei sie gerecht und als hätte er ein Einsehen. Im beinahe gleichen Atemzug jedoch, fordert er uns auf ihn los zu machen, auf dass er feige fliehen könne. Als Ausgleich bat er an, uns einen geheimen Weg in die das Gemäuer zu weisen – gekoppelt an einen Schwur auf im Namen des Herrn Praios. Welch abtrünniger Heuchler!
Ich redete auf ihn ein und es schien, als zeigten meine Worte Wirkung. Es blieb mir nichts anderes übrig, ihm sein Wissen mit der Gabe der Herrin zu entreißen. Geben die Zwölfe, dass dieser erbärmliche Kreatur den Willen entwickelt und die Gelegenheit bekommt, seine Schuld zu sühnen, oder elendig zu Grunde zu gehen.
Wir schlichen uns – von kleineren Widrigkeiten belastet (der Herr Angroschim trug seinen Dickkopf stolz wie stur zur Schau) – durch einen kleinen Hain zur Geheimtür und von dort in einen Speicher inmitten der Feste.
Mit klopfenden Herzen schlich Estefan, ermutigt durch mein Vorbild, über den Hof und gemeinsam drangen wir in die Wohn- und Schlafstatt der Praiosdiener ein und entwendeten zwei ihrer Uniformen. Wir entgingen nur knapp der Entdeckung durch einen Bannstrahler und um keine Aufmerksamkeit zu erwecken, zogen wir die Kleidung sofort über. Der Bannstrahler betete außerhalb an einem kleinen Schrein. Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, ging ich ihm betend nach, um ihn in einen Hinterhalt zu locken. Doch der gerechte Herr Praios hielt seine Hand schützend über seinen Diener und so kam ich in den zweifelhaften Genuss, den dritten Choral der Lobpreisung mit dem unbekannten, doch allem Anschein nach freundlichen, Sonnenkrieger singen zu dürfen. Vielleicht ist meine Anmaßung damit abgegolten – da ich immerhin im Wohle des Reiches und seiner Bewohner handle – vielleicht war dies jedoch auch nur ein Vorgeschmack auf Kommendes, oder der verhüllte Gott der Diebe hat sich gar einen Scherz mit mir erlaubt.
Mit einiger Mühe konnte Therberasch davon abgehalten zu werden, den Guten auf offenem Gelände nieder zu schlagen und so kamen wir glimpflich davon. Estefan und ich schritten die Anhöhe zur Burg hinauf und niemand erkannte uns, es gab wohl zu viele Neulinge, in die wir uns einreihten. Nicht einmal Gryffpurga, möge ein Ghul sich an ihrem kümmerlichen Rest Hirn laben, erkannte ihren ehemaligen Bezwinger und überantwortete mir gar einen Knappen zur Tadelung, da er den dritten Choral nicht annährend so flüssig vortragen konnte, wie selbst ein Diener der Herrin Hesinde dies vermochte. Die Götter haben wirklich einen ganz besonderen Sinn für Humor!
Seine Ahnen mögen mir verzeihen und es mir anrechnen, dass ich ihn zwar getadelt habe, ihn aber noch einmal mit einem blauen Auge davon kommen haben lasse. Wer weiß, was die spitzzüngige Harpiye von Bannstrahlerin mit ihm angestellt hätte.
Da wir keinen Einlass in das Allerheiligste erwarten dürfen, will Estefan es mit dem Unsichtbarkeitstrank versuchen. Ich hoffe er denkt daran, dass man ihn noch immer spüren, hören und riechen kann.
Phex sei Dank, trägt er weder Kettenhemd, noch hält er Seife für ein Unglück, das anderen widerfährt - wie unser guter Freund, dem auch nicht selten das eine oder andere freche Lüftchen entfleucht. Gewiss haben nur die hart gesottetsten Dämonenbeschwörer und Alchemisten jemals Schlimemres gerochen, als ich dies schon musste.