PrologVorbei. Was auch immer heute geschehen wird, es wird endlich vorbei sein. Seit -er überlegte kurz- knapp drei Jahre war das schon her... Vor drei Jahren ließ er seinen besten Freund einfach hängen. Er hatte damals die ehemaligen Tunnel in Kleinarbeit verdrahtet. Während sein Partner also eifrig Leute leise und effektiv umbrachte, verteilte er die Päckchen im Gebäude. Warmsanierung. Sie waren schon ein ungewöhnliches Duo. Er, der Zwerg und der Troll. Vereint in ihrem Hobby: Dinge in die Luft jagen. Ja, das waren Zeiten. Bis er bei dieser Warmsanierung seinem Partner und besten Freund vormachte, dass er draufgegangen sei. Der Abgang über die Tunnel war genau kalkuliert. Er passte durch, vielleicht auch ein Norm, ein Troll aber keinesfalls. Nur für den Fall, dass nach der genau dosierten Abfolge von Mini-Explosionen noch ein Eingang sichtbar gewesen wäre. Und jetzt. Jetzt bereute er es fast. Er hatte seine Gründe, es zu tun. Genauer: einen Grund. Vermutlich der einzige Grund, der ihn dazu bringen konnte. Und heute würde er büßen.
Zielstrebig setzte er einen Fuß vor den anderen. Er hatte immer wieder in Frankfurt zu tun gehabt und so war es ein Leichtes, herauszufinden, wo er zu finden war. Er ging in ein typisches Frankfurter Amüsierlokal mit hessischem Flair und sah sich kurz um. Dort saß er am Tisch mit einem Norm und exte gerade einen Pitcher. Der Norm, offensichtlich auch vom Fach, amüsierte sich darüber. Zumindest sollte der Troll das glauben. Aus irgendeinem Grund war er ziemlich angepisst. Dem Troll wäre das sogar egal gewesen, wenn er es gemerkt hätte. Als er ihn das erste Mal nach so langer Zeit wieder sah, drohte es, ihn zu überwältigen. Er fasste sich und setzte sich an den Tresen.
"Ist das Zimmer gerade frei?"
"Äh, ja, klar."
"Eine Stunde." Er zahlte bar. Jemand setzte sich neben ihn. Als er sah, wer es war, verschlug es ihm die Sprache. Besser so. Er hatte ihn noch nicht erkannt. Die kosmetischen Chirurgen, die sie damals bezahlt hatte, hatten gute Arbeit geleistet. Trotzdem musste er sich zu erkennen geben. Schnell und ohne Aufsehen. Wer weiß schon, wann sie ihn mal wieder überprüfte? Er machte ein militärisches Handzeichen und ging nach hinten. Ließ die Türe offen und setzte sich auf den Stuhl mit dem Rücken zur Tür. Genauso, wie man es nicht tun sollte. Er hörte ihn kommen. Also wollte er auch, dass man ihn hörte.
"Setz dich, Belial, wir müssen eine Menge besprechen." Er blieb hinter ihm abrupt stehen. Verständlich. Langsam griff er unter seine Jacke und zog seine Waffe. Eine riesige Trollpranke kam von schräg hinten und nagelte seine Hand mit der Waffe auf dem Tisch fest. Er war nie zimperlich, vielleicht bildete er sich das auch nur ein, aber Belial schien in der Zwischenzeit einige Gewichte gestemmt zu haben.
"...das kann nicht sein..." Der Troll musterte ihn. "Soll ich dich umlegen oder was?!"
"Du hättest jedes Recht dazu. Und... dann wäre es wenigstens vorbei..." Ja, das wäre es. Es war sowieso alles egal.
"...Airwalk...?"
"Ja. Richtig. Die Knarre ist für dich, Belial. Äh, Goliath. Du nennst dich jetzt Goliath, richtig?"
"Warum? Du... bist doch tot...!"
"Ja, das sollten alle glauben." Belial nahm die Waffe aus seiner Hand. Fraglich, ob er ihn daran hätte hindern können, falls er es gewollt hätte. "Und jetzt leg mich um. Dann ist es endlich vorbei."
Belial setzte sich ihm gegenüber. "Du Arschloch, jetzt sag, warum!"
"Meine Schwester." Er musste hart schlucken. Er schaffte es kaum, Belial dabei in die Augen zu schauen. "Sie ist krank. Was psychiatrisches. Andy, die Drecksau hat sich nie gekümmert. Aber is ja nur unser Halbbruder. Irgendwann kam so ne Schlampe an und hat mir angeboten, dass sie n Klinikplatz besorgen könnte. Aber ich müsste dafür arbeiten. Bei ihr. Naja, dann bin ich abgehaun und seitdem arbeite ich für die. Sprengstoff herstellen, Leute umbringen. EZB, haste mitbekommen, oder? Hab den Sprengstoff geliefert. So Sachen halt."
"Hey, Mann, wegen deiner Schwester?" Er sah förmlich, wie Belial nach Luft rang. "Warum haste denn nix gesacht? Wie lange haben wir zusammen gearbeitet? Drei Jahre, vier Jahre? Du hast mir nie was von einer Schwester erzählt... Mann, wir waren dicke Kumpel, wir hättn nen Weg gefunden!"
"Sie ist n Norm." Stille. Pause.
"Wir hättn nen Weg gefunden." Klar. Schnellausbildung in Psychiatrie oder schnell mal 10k pro Monat für die Behandlung. Wenn man überhaupt einen Platz für eine SINlose bekommt.
"Also, jetzt blas mich endlich weg." Was machte Belial eigentlich so lange rum? "Ich darf meine Schwester sowieso nicht mehr sehen."
"Jetzt erzähl schon die ganze Geschichte. Dann kann ich dich immer noch abknallen." Belial hatte sich wirklich verändert. Er beschloss, Belial mit der alten Zeit zu begraben. Er saß Goliath gegenüber.
"Also gut. Der Deal war klar. Behandlung gegen Arbeit. Meine Schwester kam in eine Klinik. Mit der Zeit ging es ihr aber immer schlechter. Und seit September... darf ich sie nicht mehr besuchen. Irgendwas stimmt da nicht."
"Wie konnte sie dir den Platz besorgen?" Goliath dachte echt mit. Es überraschte ihn. Angenehm.
"Sie...", er schaute Goliath noch einmal an, bevor er ihn gleich umbringen würde, "sie ist beim BIS. Bundesamt Innere Sicherheit."
Goliath zögerte nicht. "Wo ist die Schlampe, ich bring sie um."
Airwalk standen die Tränen in den Augen. Was für eine Loyalität. Das Leben ist ein Arschloch. "Nein, noch nicht. Ich muss erst wissen, was mit meiner Schwester ist."
"Sag an, wo ist sie?"
"Ich engagier dich für den Run." Airwalk ließ einen Credstick über den Tisch rollen.
Goliath schob ihn zurück. "Ich mach das nicht für Kohle. Aber wenn ich das Durchgezogen habe, dann schuldest du mir was."
"Das tu ich jetzt schon, Goliath, das tu ich jetzt schon. Du wirst das nicht alleine machen können. Nimm den Stick. 25k. Mehr hab ich nicht."
"Reicht für drei-vier Leute." Goliath klopfte mit dem Credstick leicht auf den Tisch.
"Hier auf dem Chip sind alle Infos, die du brauchst. Ich werd überwacht. Ich muss los. Braves Hündchen spielen."
Zum Abschied gab es Sprüche wie in alten Zeiten. Als wäre nie etwas passiert. Keine Zeit vergangen. Und doch war alles anders.
Schwesterchen, komm tanz´ mit mir1.a
Echo stieg zufrieden auf seinen Hobel. Der Koffer war echt tricky, aber das Schloss war geknackt und auf Werkseinstellung gesetzt. Dieser Mafiakiller "André" hatte den Fingerabdruckscan auf eine glatte Fläche eingestellt. Entweder ein Trick oder er hat sich tatsächlich die Fingerkuppen abgeschliffen oder irgendwie die Fingerabdrücke wegmachen lassen. Danach noch ein Zahlencode. Sachen gibts... Der Koffer selbst war ein Faraday`scher Käfig und auch sonst einigermaßen abgeschirmt. Klang alles nicht so legal. So brachte es Echo nach Sachsenhausen. Herr Takeshi würde den Koffer lagern und an Sven weitergeben können.
Im Äppelwoi angekommen, lief er am Hintereingang Goliath über den Weg.
"Hey Echo, äh, wir treffen uns eh gleich, äh... Kannst schon mal da vorne ins Zimmer."
Goliath schien ganz schön durch den Wind zu sein. "Klar. Ich geb den Koffer für Sven nur grad dem Chef und dann..."
"Sven kommt auch gleich." Achso. Klar.
Einige Zeit später waren alle da. Goliath hatte wohl was Persönliches am Laufen. Deshalb war er so durcheinander. Man musste ihm echt alles aus der Nase ziehen. Echo hat sich dann ziemlich schnell verabschiedet. Er war an verschiedenen Sachen dran. Komms von La Familia, Tamagochi, Lernen, für Chef die Mafia-Infos zusammenstellen. Aber er bot an, Infos zu sammeln. Was er auch nur wenige Minuten später schon machen durfte. Er war gerade angekommen. Johannesbad Klinik in Bad Füssing. Reha-Zeug, Burnout, Sucht, Psychotherapie. Zum Spaß sah sich Echo auch mal den Host an. Was lächerlich... Das war das Komm von Affolter-Kysperos eine wesentlich größere Herausforderung. Aber hey, erst mal Basis-Infos. Gab genug ernsthafte Sachen zu tun im Augenblick. Dann sollte es eine Patientenakte einer "Melanie Wimmer" sein. Also rein in den Host, Akte suchen. Alle verschlüsselt. Der Schlüssel lag offen daneben. Unglaublich, was die Leute für Unsinn machen, um sich die Arbeit zu erleichtern. Ist ja so als würde jemand die Kombination für den Save mit Edding auf die Tür schreiben... Datensicherheit wurde hier echt groß geschrieben. Aber richtig groß. Alles easy, war nur keine Patientenakte über eine Melanie Wimmer da. Als Echo das meldete, war es gerade der Schamane Drag, der so nebenbei meinte: "Naja, vielleicht ist sie ja gelöscht." Innerlich klatschte sich Echo an die Stirn. Klar. Er ging auf den Host. Im Papierkorb war nichts. Der wird aber täglich entsorgt. So ging er in den Resonanzraum der Matrix. Hier ging nichts verloren. Ädd Foala, wie der Franzose sagt, da war sie. Gleich mal anschauen.
Krankenakte Melanie Wimmer
Vertraulich
Dirk Lauer
Facharzt für Psychiatrie
AZ.: 503 Mw 76-09
Melanie Wimmer, geb. 05.09.2057, wh Wilhelm-Leuschner-Str. 4, 63071 Offenbach
03.05.2076
Anamnese:
Die Patientin wurde vorstellig und klagte über seltene wiederkehrende Migräneanfälle einhergehend mit negativen Gedanken und Wutanfällen. Nach eigenen Angaben würde sie dabei auch manchmal etwas direkt greifbares durch den Raum werfen.
Stationäre Aufnahme zur psychotherapeutischen Behandlung. 1xtägl. 20 mg Citalopram
27.05.2076
Die Patientin hat sich hervorragend eingelebt. Die Medikation ist suffizient. Sie klage nur manchmal über leichte Kopfschmerzen. Die Psychotherapie berichtet, dass Fr. Wimmer über ihre momentanen Gefühle offen spricht, jedoch jedwedes Gespräch abbricht, wenn es auf ihre Familie kommt.
09.09.2076
Die Patientin wurde zu ihrem Geburtstag von ihrem Bruder besucht. Dabei handelt es sich um einen homo sapiens pumilionis.
14.09.2076
Die Patientin hat sich nun in der Psychotherapie geöffnet. Sie spricht von ihrer schweren Kindheit in Offenbach und Frankfurt-Oberrad. Sie habe, um zu überleben, kleine Diebstähle begangen. Ihr Bruder "Airwalk" habe sie immer beschützt. Sonst brach sie bei Nachfragen zu ihrer Familie ab.
28.12.2076
Die Patientin bekam Besuch von ihrem Bruder Airwalk.
25.03.2077
Die Patientin klagt über leichte Kopfschmerzen. Citalopram wird auf 25 mg erhöht.
31.08.2077
Patientin bekam bei der Blutabnahme einen Tobsuchtanfall. Sie schubste die behandelnde Schwester von sich und bewarf sie mit Material. Citalopram auf 50 mg erhöht.
03.09.2077
Frau Wimmer könne sich nicht erklären, was genau vorgefallen sei. Sie hätte die Spritze gesehen und das Annähern der Schwester als Bedrohung wahrgenommen. So habe sie sich gewehrt. Erst hinterher sei ihr klar geworden, was sie getan habe. Es tue ihr sehr Leid. Sie hoffe, die Schwester sei nicht verletzt. Sie möchte, dass "wir das wegmachen". Sie fürchte um die Sicherheit ihres Bruders, der sie übermorgen besuchen möchte.
16.11.2077
Die Patientin beklagt sich über Schlafstörungen. Sie wache auch öfter schweißgebadet auf und wisse nicht warum. Citalopram auf 60 mg erhöht. Man sollte die zusätzliche Gabe eines Sedativum in Betracht ziehen.
29.12.2077
Die Patientin bekam Besuch von ihrem Bruder.
18.01.2078
Die Patientin berichtete in der Psychotherapie, dass ihr Halbbruder Andy (auch ein homo sapiens pumilionis), sie im Alter von 12 oder 13 Jahren auf den Strich schicken wollte. Ihr Bruder Airwalk habe ihn daran gehindert. Sie erwähnte, dass er ein Kind ihres Vaters aus einer vorhergehenden Beziehung sei. Die Eltern wären an ihren Kindern wenig interessiert gewesen.
27.02.2078
Die Patientin klagt immer weiter über Schlafprobleme und Lustlosigkeit. Zusätzlich zu den 60 mg Citalopram erhält sie 5 mg Rohypnol abends.
03.03.2078
Die Medikation ist suffizient. Keine Schlafprobleme mehr. Die Patientin verlässt allerdings nach Aussagen des Pflegepersonals kaum mehr das Zimmer.
14.06.2078
Zuletzt spricht Frau Wimmer in der Psychotherapeutischen Sitzung zunehmend von Verfolgungsängsten und ohnmächtigem Ausgeliefertsein. "Jemand" zerlege sie immer wieder und baue sie wieder zusammen. Dies sei äußerst schmerzhaft.
08.07.2078
Dem Pflegepersonal fielen verschiedene Schnittverletzungen an den Beinen der Patientin auf. Vermutlich wurden sie selbst beigebracht. Die Patientin bestreitet das. Sie spricht von Versuchen, die wir mit ihr anstellen würden. Sie konnte nicht sagen, wann, wo und von wem diese Untersuchungen durchgeführt wurden. Bei diesem Thema wurde sie deutlich aggressiv und musste mit 10 mg Rohypnol sediert werden.
25.08.2078
Aufgrund der immer wiederkehrenden Wahnvorstellungen muss die Patientin dringend in eine geschlossene Psychiatrieabteilung verlegt werden. Zum Schutz ihrer selbst und der Umwelt. Eine Verlegung hat das BIS noch nicht genehmigt.
03.09.2078
Testung hinsichtlich KFS positiv. Frau Mayer wird die Verlegung in die psychiatrische Abteilung der LMU am 06.09. veranlassen. Die Besuchszeit ihres Bruders soll unter einem Vorwand kurz gehalten werden. Der Besuch sei jedoch unumgänglich. Man müsse Airwalk klar machen, dass weitere Besuche für die Gesundheit seiner Schwester abträglich wären. Sie stelle ein HTR-Team des BIS als Sicherheit ab.
[gelöscht 06.09.2078, 06:34:56]
Wow. BIS, Bundesamt Innere Sicherheit. Geheimdienst und so. Also gut Ludwig-Maximilians-Universität, LMU. Host. WTF. Da geh ich nicht rein.
"Hoi Drag. Hier die Daten. Hab sie gefunden."
"Was bekommst du dafür?"
"Alles grün. Passt schon."
"Ai, danke. Würdst du noch schauen, wo die in der LMU untergebracht ist."
"Drek, nein. Das ist ein Host von einem ganz anderem Kaliber. Da geh ich nicht rein. Das müsst ihr anders lösen. Sorry."
"Hm, ok. Danke, Echo."
Tant-Chen schaute auf ihr Link. "habt ihr etws in Bayern zu tun?" Eine Nachfrage von Chenji. Nach einer kurzen Absprache schickte sie die Antwort. "Kommst du unauffällig nach München?" Geht . Prima. "Hole ein Geschenk hier ab. Bringe es zur angegebenen Adresse und klingele. Dann gehe schnell. Der Empfänger wird von unserem Geschenk nicht erfreut sein. Plastikbox in Geschenkpapier. Etwa 5 kg. Einfach zu transportieren. Sollte nur niemand hineinschauen."
Tant-Chen war zufrieden. Man muss den Djorovic ihren Platz zuweisen.
Oachkatzlschwoaf schaute auf sein Link. Unbekannte Nummer. Saupreißn, die hier in Mingä was zu erledigen hatten. Das war sein Job. Fremdenführer. Konnte man gut von leben. Hier in Mingä war alles so verfilzt, dass die meisten Jobs von Leuten außerhalb erledigt wurden. Zumindest wenn es gegen die Alteingesessenen ging.
"Hallo, ein Freund sagte, man kann bei Ihnen ein Zimmer mieten?"
"Kloa, füa ui fühl? Oans, zwoa, dra? Ui long? Uillst än Strom un än Wossa?" Pause. Immer das Gleiche. Die Saupreißn können einfach kein Deutsch.
"Ähm, ja, Wasser und Strom bitte. Für viereinhalb Leute."
"Firäholb?"
"Ja, drei und ein Troll."
"Achsou. Än Toch än Hunni, ä Wuch fünfe."
"Wir nehmen dann eine Woche."
"Wennd ma übawaist, krigst de Adrässn."
"Wir sind heute Nacht da, so um zwei. Ist das ein Problem?"
"Nö."
Oachkatzlschwoaf würde Ohlai schicken. Er hatte nachts Besseres zum tua.
Vorweg
Das Thema Rassismus ist gerade obenauf. Passgenau kommt nun eine Szenerie ins Spiel, die ich mir schon länger überlegt hatte. Bayern. In Anlehnung an einen Shadowrun-Roman, der teilweise in Südafrika spielt, werden die "Trogs" von den einheimischen Norms in Bayern "Nigger" genannt werden. Als Spieler von Shadowrun ist zwar gewohnt, immer wieder mit dem Thema Rassismus zu spielen, dennoch hoffe ich, dass es mir nachgesehen wird, dass ich mir von ein paar rassistischen Arschlöchern nicht meine Planung über den Haufen schmeißen lasse!
Vielen Dank für euer Verständnis.
1.b
Egon Niedermayer hatte Dienst an der Grenze. A8 zu Württemberg. Mitten in der Nacht. Scheiße kalt, windig, feucht. Was ein Drek. Und doch gab es etwas, was ihm das Leben versüßte. Und da kam auch schon einer. Ein Roadmaster mit einem Nigger drin. Er wunk ihn zur Seite, freute sich schon darauf, ihn so lange zu provozieren bis er zuschlug. Dann wäre er dran. Aber sowas von. Aber er musste den Schein wahren.
"Guten Tag, ihre Papiere bitte..."
Noch bevor er weitersprechen konnte, hörte er aus dem Fahrerhaus eine junge weibliche Stimme: "Die Papiere sind völlig in Ordnung. Sie können weiterfahren."
"Die Papiere sind völlig in Ordnung. Sie können weiterfahren." Er war völlig überzeugt.
Als der Roadmaster weiterfuhr, sah er ihm nach.
"Äh... Chef..." Ihm ging es genauso. Hatte er das eben gesagt? Ja. Und die Papiere waren doch auch in Ordnung. Anscheinend... Oder?!? Jetzt bloß keine Blöße geben.
"Schnauze. An die Arbeit!"
Ohlai hing in der Sebastian-Bauer-Straße rum. Nähe Elviras Salon. Eben fuhr ein Roadmaster vor. Das werden sie wohl sein. Und da klingelte auch schon das Komm. Oachkatzlschwoaf.
"Etzat san se do. Zaigst eahna d Wohnung un gibst eana d Schlüssl."
"Ois grö, Oida." Die Wohnung war wohl schon bezahlt.
Er ging über die Straße, wunk dem Van und ging Richtung Wohnung.
"So, hia die Treppn hoch un da hommer se scho. Ä schönne Wohnung. Zwoa Schlofzimma, än Wohnzimma mit Küchn, a Bahd sogoa mid ahna Badewann un an Rumblkamma. Hia da Schlüssl. Wennda Frochn habt, ruftst mi ehfach oh." Dabei warf er seine Nummer in die AR.
Bogdan ging an die Türe. Eben hatte es geklingelt. Vor der Türe stand ein sorgfältig verpacktes Geschenk. Mit Schleife. "Bombe" war das erste, was ihn in den Sinn kam. Aber der Sprengstoffscanner sprang nicht an. Er schaute sich um. Weit und breit niemand zu sehen. War jetzt aber sowieso zu spät. Er checkte die Kameraaufnahmen. Ein junger Mann in Mantel kam die Straße entlang. Große Plastiktüte von Aldi-Real. Stellte seelenruhig das Geschenk vor die Türe, klingelte und verschwand zügig aus den Aufnahmeperspektiven. Bogdan schwante nichts Gutes. Als er das Geschenk öffnete, wurden seine Befürchtungen wahr.
"Zoltan, du hast doch Bronko nach Frankfurt geschickt, um Verhandlungen zu führen, oder?"
"Ja, hast du ne Nachricht? Sollte sich eigentlich bei mir melden, der..."
"Jaja, er ist wieder da. Die Yaks sagen `Nein`."
"Bronko, du Hund, bist wieder heimli..."
Sie standen beide da und betrachteten Bronko. Sein Kopf stand im entpackten Geschenkbehälter. Er sah lebend nie so gut aus wie jetzt. Auf seiner Stirn stand die Antwort tätowiert: "NEIN"
Sie scherzten und lachten, als sie morgens um drei in der Maxvorstadt von einem Club zum nächsten wanderten. Sie hatten schon jede Menge Cocktails und Koks intus. `Kokstail-Party`. Schlagartig waren sie nüchtern, als ein riesiger Trog mit weit ausholenden Schritten auf sie zukam. Sie konnten die Gewalt förmlich riechen, die von ihm ausging.
"Ich hab ja nix gegen Trogs, aba lassunsma aghaun..."
"I hab scho Knöpferl drukt. Schlaichts eich."
Sie drückten sich am Troll vorbei in eine abzweigende Straße. Unglaublich. Mit seiner Panzerjacke kam der wohl frisch vom Bunny Hill.
"D Ludwich hod sich voll inna Hosn gschissn!" Sie lachten. Edwald Maximilian von Wittelsbach hatte es im Blut, durch das Bloßstellen von anderen von seinen eigenen Schwächen abzulenken und sich gleichzeitig zu profilieren.
"Alarm auf der Sonnenstraße. Druck aufe Tubn. Is doch glaich um d Eckn." Hubert und Waldi kannten München wie ihre Westentasche. Vor allem die Schickeria. Und einer von ihnen hat eben um Hilfe gebeten.
"Hier Bildä. A Nechä mittn uff da Goss. Mach männ platt. Widäschtann gächn d Stootsgwolt."
Aber als sie ankamen, war weit und breit kein Trog zu sehen. Sie zogen noch bis zum frühen Morgen ihre Kreise in ihrem Schwarzen Sheriffmobil. Bis zum Schichtwechsel.
Karl-Heinz traute seinen Augen nicht. Was für ein hübsches Mädchen! Und auch schon morgens um halb acht in der Mensa! Er zwang sich, nicht zu häufig in ihre Richtung zu schauen. Aber es war einfach so verdammt schwer. Unsicher sah sich die junge Japanerin um. Ihr Blick blieb an seinem Teller hängen. Traditionelles Weißwurst-Frühstück. Sie ging an das Buffet, holte sich ebenfalls Weißwürste mit süßem Senf und Brezeln. Nur kein Weißbier. Sie rümpfte etwas die Nase, als er zu Essen begann. Achso. Das Zuzeln. Ja, damit hatten einige so ihre Probleme.
"Sie können die Pelle auch aufschneiden und zur Seite legen." Er lächelte sie an. Immer hilfsbereit sein. Im nächsten Augenblick bekam er so etwas wie Angst, als sie mit ihrem Tablett aufstand und zu ihm an den Tisch kam. Er war es nicht gewohnt, so einfach Bekanntschaft mit Frauen zu machen.
"Danke schön. Und dann etwas von dieser gelben...Marmelade darauf?"
"Ja, genau. Das ist süßer Senf. Sie sollten auch ein Weizen dazu probieren."
"Ich trinke kein Bier."
"Keine Angst, ist alkoholfrei."
"Und warum trinkt man das dann?"
Er musste lachen. "Da haben Sie vollkommen Recht. Ich schätze, es ist wohl Gewohnheit. Tradition."
"Ja, Tradition und Manieren. Das unterscheidet uns von diesen Trogs."
"Da haben Sie vollkommen Recht. Schade, dass der Kaiser von Japan sein Dekret diesbezüglich gelockert hat. Die Lösung mit Yomi war sehr zufriedenstellend. Wir dagegen haben nur den Monte Karnickel." Sie sah ihn fragend an. "Monte Karnickel, Bunny Hill, Hasenbergl. Ein Stadtteil von München. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe nichts gegen Trogs, aber sie sollten ihren Platz in der Gesellschaft kennen. Sie sind nun mal nicht die hellsten Kerzen auf der Torte."
"Ja, es ist besser sie bleiben unter sich und lassen uns in Ruhe."
"Sie haben so ihre Vorzüge. A propos. Konan, mein Lieblings-Trog kämpft morgen mit seinem Breitschwert im Monstroseum gegen drei Monsterhunde. Möchten Sie mich vielleicht begleiten?" Er wurde rot, als er gewahr wurde, was er eben gefragt hatte. Jetzt würde sie sicher sagen...
"Nein." Selbstverständlich. "Nein, das ist doch gefährlich, solchen Individuen den Umgang mit dem Schwert beizubringen, oder?"
Sie... sie hat nicht nein gesagt... Er was baff.
"Lassen Sie mich raten. Nach ihrem Kittel zu urteilen, sind Sie Arzt? Ich will auch Medizin studieren. Es ist aber schwer, immer die richtigen Hörsäle zu finden."
Es schmeichelte ihm. "Nein, noch nicht. Ich mache gerade meine Fachausbildung. Psychiatrie. Ein Jahr im Labor. Blutbilder, Reihenuntersuchungen. Kann ich Ihnen gerne zeigen. Dann kommen wir auch an den Hörsälen vorbei. Sie sollten immer auf die Adresse der Hörsäle schauen, nicht unbedingt auf die Fachrichtung. Das ist manchmal irreführend."
"Gerne. Gehen wir?" Sie nahm ihr Tablett und stellte es zurück. Sinn für Gemeinwesen. Noch etwas, was kulturelle Völker wie die Bayern und die Japaner verbindet.Er war etwas stolz, als er ihr das Mülltrennungssystem erklärte.
Sie schlenderten zusammen zur LMU Medizin, Fachbereich Psychiatrie.
"Da oben sind dann die Hörsäle. Ich zeige Ihnen gerne die Labore."
Im Keller angekommen, hatte er sich bereits in seine Welt geredet. "...und Sie werden kaum glauben, wie hoch die Konzentration an Naniten im Blut des Patienten war. Ich weiß, das werden Sie nie glauben." Er schloss einen Schrank auf und nahm die Untersuchungsergebnisse heraus. "Hier sehen Sie, eine un-glaub-li-che Konzentration, oder?"
"Ich weiß nicht, ist es nicht normal, Naniten im Blut zu haben?"
"Ja, natürlich. Als Überreste von OPs oder gelegentlich durch das Vorhandensein von Nanitenbeschichtung auf verschiedenen Geräten. Die Konzentration wäre dann...", er suchte nach einem Bild, das ein Anfänger verstehen konnte... "etwa eine Nanite auf einen Tropfen Blut. Und die wäre abgestorben. Hier haben wir siebenundzwanzig. Und in der Hirnflüssigkeit sogar noch mehr!" Er hatte keine Ahnung, ob sie ihn verstand. Aber er sonnte sich in ihrer Bewunderung.
"Wollen Sie heute Mittag mit mir Essen gehen?"
Sie lächelte. "Hier ist meine Nummer. Bitte rufen Sie mich an." Er schwebte auf Wolke sieben, als er ihre Nummer in der AR sah. Und den Klarnamen der Patientin wie auch ihr Aktenzeichen. Schnell schloss er die Untersuchungsergebnisse wieder in den Schrank.
"Ich muss Sie leider verabschieden", meinte er verlegen, "mein Doktor kommt bald und ich muss noch etwas vorbereiten."
"Natürlich. Ich muss auch langsam in meine Vorlesung. Bis heute Mittag."
1.c
Karl-Heinz freute sich schon. Er saß in der Mensa und wartete auf Yina. Sie sah einfach toll aus, wie sie sich an seinen Tisch setzte! Aber seine Stimmung war dennoch gedrückt. Sein Proff hatte heute morgen bemerkt, dass diese Daten aus dem Verschluss genommen wurden und ihn am Komm zur Schnecke gemacht. Sie musste es ihm angesehen haben.
"Alles in Ordnung?"
"Ja, nein. Achja, mein Proff, der Falkai, hat gemerkt, dass ich dir Sachen aus dem Verschluss gezeigt habe und ich habe Ärger bekommen."
"Oh, das tut mir aber Leid. Ich hoffe, du bist nicht gefeuert worden." Sie sah an ihm herunter. Klar, er hatte seinen Laborkittel nicht an. Diesmal hatte er ihn vor dem Essen ausgezogen.
"Nein, nein, so schlimm ist es jetzt auch nicht."
"Gut. Das freut mich. Es muss schwierig sein, die Sicherheit für solche Dinge zu ..."
"...gewährleisten", half er ihr, den Satz zu beenden. "Ja, das ist manchmal echt hinterlich."
"Und dann so eine gefährliche Sache. Ich würde gerne wissen, wie man so einen gefährlichen Patienten aufbewahrt."
"Boa, das würde ich auch gern wissen." Es rutschte schneller raus, als er sich auf die Zunge beißen konnte. Natürlich hatte er Zugang zur Station, aber die Proben wurden ihm immer von der Schwester am Empfang übergeben. Er hatte die Containance verloren. Japaner sind da immer etwas eigen. Deshalb wählte er einen schnellen Themenwechsel. "Wie war denn ihre Vorlesung. Das war..."
"...Einführung in die..."
Karl-Heinz badete in den warmen Blicken einer jungen Studentin, für die er der Leitstern am universitären Himmel zu scheinen schien. Nach einiger Zeit der Unterhaltung über ihre Vorlesungsmitschrift, den Professor, das Fachgebiet, fasste er ein Herz.
"Darf ich Sie heute Abend ins Kino einladen?"
"Heute Abend nicht." Klar. Oh Mann, er knickte langsam ein. "Aber Morgen wäre wirklich prima. Welcher Film denn?"
Er hatte lange mit sich gerungen, aber für eine solche Verabredung würde er über seinen Schatten springen. "Große Liebe am Gardasee?"
"Oh nein, das ist mir zu... wie sagt man... schnulzlich...?"
"Schnulzig." Er war sehr erleichtert. "Wie wäre es dann mit, ähm...", er tat so, als würde er noch suchen müssen, "Mission Impossible: Breakdown? Das ist immer wieder unglaublich, was sie an Effekten herausholen in dieser Reihe."
"Gerne."
"Und darf ich Sie vorher noch zum Essen einladen. Etwas besseres als", er zeigte mit den Händen etwas herum, "das hier?"
"Sehr gerne."
Er bekam als Adresse leider nur einen Treffpunkt hier an der Uni. Schade.
Uwe war gerne Freitag abends zum Labordienst eingeteilt. Weit und breit kein Arzt mehr und wenn die Katzen erst mal aus dem Haus sind... Die Mucke war aufgedreht und er tanzte beim Sortieren der Proben vor sich hin.
...da war doch etwas. Er drehte die Mucke leiser. Klopfen. Merkwürdig. Er ging an die Türe in Richtung Verwaltung und schaute auf den Monitor. Er bekam einen Schrecken. Der Oberarzt! Sofort öffnete er.
"Sagen Sie mal, was ist denn das für ein Saustall hier! Für was bezahlen wir Sie eigentlich!"
Rüthers Stimme klang etwas merkwürdig. Vielleicht, weil er sich so aufregte. Und was hat er da für Leute dabei? Uwe sah sie zum ersten Mal... und sackte weg in eine tiefe Dunkelheit.
Emma hatte noch zwei Stunden Schicht. Rocko sollte sich beeilen, wenn er noch vorbeikommen wollte. Sie sah in ihrer Schutzkabine gelangweilt auf die Monitore. Abends und nachts war hier so gut wie nie was los. Die Tür vom Labor schwang auf. Dr. Rüthers kam mit einigen Leuten durch. Er ging bis hinter zu den Patienten mit besonderen Sicherheitsbedarf. Anscheinend war er echt beschissen gelaunt. Er schnautzte jemanden aus seiner Entourage zusammen und zeigte in ihre Richtung. Sie hatte so was von keinen Bock auf seine schlechte Laune. Da kam er auch schon.
"Sie sollen die Türe öffnen."
Emma dachte sich ihren Teil, aber Chef ist nun mal Chef. Also drückte sie den Knopf und verließ ihr Kabuff. Als sie durch die Feuertüre in den Bereich mit den gesicherten Patienten kam, schaute sie schon in ein missmutiges Gesicht.
"Jetzt machen Sie mal etwas schneller." Eilig öffnete sie die Türe. "Und bringen Sie mir gefälligst die Patientenakte!"
Patientenakte? Bringen? Jetzt dämmerte es ihr langsam. "Sagen Sie mal, wollen Sie mich verarschen?!" Sie wollte zur Sicherheit einen stillen Alarm an ihrem Kommlink auslösen.
"Lassen Sie das!" Eine junge Frauenstimme, der man nicht widerstehen konnte. In diesem Moment traf sie eine Spritze im Oberarm und sie schlief friedlich ein.
Rocko war mit seinem Kunden auf den Weg nach unten. Er hatte sich eine saftige Provision rausgehandelt. Und der Typ war auf Entzug. Das roch er. Das heißt, er würde sich noch etwas extra genehmigen. Am Fuße der Treppe im Keller drehte er sich um.
"Du bleibst stenga!"
Er öffnete die Türe und wollte gerade wie immer in die Kamera winken. Doch Emma stand vor ihm. Kam gerade aus einem Zimmer.
"Psst", machte er, "hostes?" Sie schaute ihn einen Moment belämmert an. Anscheinend war gerade irgendein Notfall. Dann fasste sie in ihre Tasche.
"Moment". Sie ging noch einmal in das Zimmer zurück.
Hatte Emma etwas abgenommen? Stand ihr gut. Schade, dass sie nicht auf Orks stand. Immerhin konnte er sich hier was dazuverdienen. Sie kam wieder heraus und drückte ihm ein Döschen in die Hand.
"Das mit der Kohle machen wir nach der Schicht."
What??? Hat sie das eben wirklich gesagt? Aber hey, was solls! Er war nie hier. Lächelnd nahm er sich vor den Augen seines Kunden noch ein Dutzend Pillen aus der Dose.
"Wos glotz dn so? Ochebot un Nochfrachn. Scho ghead?!" Lachend drückte er ihm die Dose Pillen in die Hand.
1.d
2Take war ganz erleichtert und zufrieden, als Goliath ihm über den Weg lief.
"Und? Wie wars in München?"
Goliath nickte nur zögernd. "...und woher weißt du das, Boss?"
"Ich halte ein Auge auf euch. Sonst sterbt ihr mir zu schnell weg." Er musste nicht wissen, dass Echo ihm alles erzählt hatte und auch ihn auch sonst mit Infos über seine "Vertragsarbeiter" belieferte. Hauptsache, sie waren wieder da. Anscheinend erfolgreich, denn Goliath und die anderen machten ewig in seinem Roadmaster im Hinterhof rum. Vermutlich warteten sie auf diesen Zwerg, von dem Becky erzählt hatte. Echo meinte, er hieße "Airwalk". Hat mal mit Goliath, der damals Belial hieß zusammengearbeitet. Könnte sich lohnen. Zumindest haben sie ihre Basis am nächsten Tag vom Roadmaster in Goliaths Zimmer nach oben verlegt. Einige Tage später kam Airwalk vorbei und sie verschwanden alle.
Melanie Wimmer nahm Geräusche wahr. Aus einem tonalen Hintergrundrauschen aus der Dunkelheit formten sich Melodien. Aus den Melodien formten sich Worte. Zugleich schlug sie die Augen auf und erschrak. Sie war nicht mehr in der Klinik! Ein kleiner Raum ohne viel Licht. Ein riesiges Bett, der passende Troll dazu. Noch drei Leute.
"Wo... wo bin ich?"
"Wir bringen dich zu deinem Bruder. Zu Airwalk", sagte der Troll.
"Oh nein. Auf keinen Fall. Ihr bringt ihn in Gefahr. Ihr seid alle in Gefahr. Ihr müsst mich fesseln, bevor es kommt! Es bringt euch alle um! Bringt mich in die Klinik, ihr müsst mich in die Klinik bringen!"
Sie nahm aus dem Hintergrund wahr. "Der Doc hat Recht. Gib ihr eine Dosis. Airwalk soll entscheide..."
Nach einem Einstich verlor sie umgehend wieder ihr Bewusstsein.
1.e
Airwalk stiegen die Tränen in die Augen, als er seine Schwester bewusstlos auf Goliaths Bett sah. Hier im Wagner gab es einige kleine Übernachtungsmöglichkeiten im ersten Stock. Ein Medkit mit Vitalmonitor war an sie angeschlossen. Sie hatten sie bewusstlos gehalten. Sie hatte wohl dieses neue Hirncrash-Dings. Drag hatte schon einen befreundeten Arzt angerufen. Der meinte, da wäre nichts zu machen. Sie würde noch einige Zeit flach liegen, denn gerade vor einer Stunde hatte sie die letzte Dosis bekommen. Das genügte für die Überführung. Goliath und die anderen trugen Melanie in den Roadmaster. Airwalk fuhr mit seinem Jackrabbit voraus.
In seinem Unterschlupf unterhielten sie sich über Frau Mayer. Sie hatte Airwalk für den BIS angeworben und den Platz für Melanie besorgt. Dafür musste er für sie illegale Dinge tun. Wie ihren Mitbewerber um ihre Stelle in seinem Auto in die Luft sprengen. Es war natürlich ein Unfall. Er hatte das Auto verdrahtet. Air-Bag, Tank und Bremse. Den Rest hatte Frau Mayer über die Matrix erledigt. Eine tragische Verkettung bei einer Geschwindigkeit von 190 km/h auf der Autobahn. Der Airback löste fehlerhaft aus, die Bremsen versagten und der Tank explodierte beim Aufschlag. So die offizielle Version.
"Sag mir, wo sie ist und ich leg sie um." Goliath. Geradeheraus. Aber auch alle anderen stimmten zu.
Drag, der Elf, meldete sich mit einem Einwurf. "Wir haben jetzt also ein Foto und den Namen einer Frau, wissen aber nicht, wo sie ist."
Da hat er Recht. "Die Lösung ist einfach. Sie wird herausfinden, dass ich die letzte Zeit öfter im Wagner war. Sie weiß auch, dass ich damals mit ...Goliath zusammenarbeitete. Sie wird jemanden auf Goliath ansetzen. Dann müsst ihr nur noch ihren Mercedes-Van suchen. Die fahren alle Mercedes beim BIS. Oder BMW."
"Verdammt, ich packe schnell meinen Kram und verpiss mich aus dem Wagner!" Goliath war schon auf dem Weg.
"...und ihr meint, mit Melle, das wird nie wieder was?" Er hatte schon genug Trids in der Matrix gesehen. Er wusste, was Hirncrash bedeutete. "Am Besten, ich jage ihr einfach eine Kugel in den Kopf..."
"Warte noch, wir hören uns erst nochmal um." Nett. Goliath wollte ihn trösten. Zumindest hatte dieser Sven noch Beruhigungsmittel für ein paar Tage.
Frau Mayer war erzürnt. Da hatte sie diesem Drekhead schon einen Platz für seine irre Schwester besorgt und wie dankte er es ihr jetzt? Schwester entführt und dann abgetaucht. In letzter Zeit hat er sich erstaunlich oft in Frankfurt herumgedrückt. Er hatte bestimmt Hilfe gebraucht. Auf den Bildern der LMU war ein Troll zu sehen. Wie hieß sein Partner damals noch... ein kurzer Blick in eine Datei... Belial. Der kam doch in Frankfurt unter.... oder? Ja... da haben wir was. Arbeitet für einen kleinen Schieber der Yaks. Äppelwoi Wagner, seine Kneipe, war der Unterschlupf. Rausschmeißer für diesen 2-Take. Aus dem Dunstkreis werden auch die anderen Runner stammen. Sie schaute auf ihre Liste von möglichen schnellen Requisitionsmöglichkeiten in Frankfurt.
Eins, zwei, drei, ich komme.2.a
Raimundo Müller hatte es als Ork schwer unter den Privatdedektiven Frankfurts. Die guten Jobs gingen an die Norms und das, was bei ihm hängen blieb, warf gerade genug ab, um zu leben. Umso erfreuter war er als über sein Matrix-Postfach ein neuer Fall reinkam. Ein Troll namens Goliath würde sich merkwürdig verhalten. Er solle überprüfen, was er außerhalb seiner Arbeit im Äppelwoi Wagner mache. Ab sofort. Doppelter Tagessatz. Genau das, was er brauchte!
Also sofort los ins Wagner. Den Hinterhof mit ein paar Drohnen bestückt. Er liebte seine Augen. Vielleicht könnte er sich eines Tages auch eine Riggersteuerung leisten, aber das würde wohl immer Illusion bleiben. Kaum waren seine Augen in Stellung, kam Goliath schon aus der Hintertür. Schwer bepackt. Stieg in den Roadmaster und fuhr weg. Er konnte gerade noch eines seiner Augen mit Gecko-Haftung auf dem Dach absetzen. Gemütlich folgte er ihm in einiger Entfernung. Der Troll schien wirklich etwas auf dem Kerbholz zu haben, denn er fuhr im Norden Frankfurts viele Schleifen. Wollte wohl nach Verfolgern Ausschau halten. Er folgte ihm weiter nach Niederursel. Paul-Kornfeld-Weg. Bis er es bemerkte, war es bereits zu spät. Der Van stand in einer Garage. Zu allem Überfluss sah er, wie der Troll auf das Dach stieg und sein Flying Eye bemerkte. Er riss es vom Dach ab und warf es in sein Handschuhfach. Ende.
Er parkte außerhalb des Sichtfeldes des Hauses. Verdammt. Aufgeflogen! Dann musste er eben auf den Buschklopfen. Das konnte aber unangenehm werden. Er versicherte sich, dass er den Taser einstecken hatte. Zum Haus gab es nur eine Zufahrt. Laut Karte war das eine Sackgasse, die an einer Schule endete. Dahinter nur noch Felder. Gut, einige Feldwege, aber sie sind auf dem Asphalt bis zur Garage gefahren. An der Einfahrt zur Sackgasse war eine Verkehrsinsel. Etwa zwei mal vier Meter. Groß genug für ein ordentliches Gebüsch und zwei kleinen Bäumen. Dort würde er eine Kamera anbringen. Jetzt, mitten in der Nacht, würde ihn kaum jemand bemerken. Er schlich sich an. Im Gebüsch sah er sich um und entdeckte eine gute Stelle für seine Kamera. Als er wieder wegschleichen wollte, hörte er jemanden rennen. Da. Der Troll! Wie konnte er ihn nur gesehen haben? Er spurtete los zu seinem Kastenwagen, auf dem "Elektro Schmitt" stand. Zu spät. Der Troll hatte ihn eingeholt und nahm ihn in einen Griff. Nahezu gleichzeitig verlor er die Kontrolle über seinen Körper und blieb einfach stehen. Er wurde abgeführt.
2.b
"Hey, Mama, da drüben bei diesen Privatdetektiven tut sich was. Der Troll und dieser unheimliche Elf kamen gerade raus und haben einen Ork von der Straße gezogen. Genau aus dem Gebüsch, in das vorhin der Typ mit der Sporttasche verschwunden ist. Ich wette, da waren Gewehre drin!" Mit dem Komm in der Hand strahlte er seine Mutter an. "Ich hab doch gesagt, das sind nicht nur Privatdetektive. Die haben sich hier mit den Nazis UND mit den Türken angelegt." Dabei hielt er sie Kamera seines Komms voll drauf. "Nur schade, dass ichs nicht von Anfang an habe.Boah, grün, der Ork reißt sich los und... warum bleibt der einfach stehen? Achso, der Elf ist ja Magier...".
Seine Mutter drückte ihre Nase an das Fenster. "Ich kann das nicht so gut sehen." Sie musste das Licht des Zimmers per Fernbedienung angestellt haben. "Verdammt, jetzt sehe ich ja noch weniger."
Innerlich klatschte sich Ben die Hand an die Stirn. "Klar, Mama, du musst immer vom Dunkeln ins Helle schauen, nicht umgekehrt!"
Aus dem Hitergrund meldete sich jetzt sein Vater. "Sag mal, was ist denn los?"
Ben zeigte auf die Straße. "Heut Abend gibts Action. Ich habe doch schon immer gesagt, das sind Runner da drüben!".
Sein Vater drückte die Nase an die Fensterscheibe. "Ich kann gar nichts sehen, mach doch mal das Licht an..."
Ben stöhnte resigniert, während Mama schon mit ihrer Schwester im Nachbarhaus telefonierte.
Frau Mayer saß bereits in ihrem Mercedes-Van. Komfortable Grundausstattung für Überwachung. Gefüllter Kühlschrank, Wasser, WC. Dieser dumme Trog von Privatdetektiv war geschnappt worden. Wie nicht anders zu erwarten. Sein Komm zu tracken war ein leichtes. Natürlich tat sie so etwas nicht über ihr offizielles Deck vom BIS, sondern über ein wesentlich besseres, das ihr ihre politischen Freunde zur Verfügung stellten. Er befand sich gerade in Niederursel. Paul-Kornfeld-Weg. Im Hintergrund lief ein Trideo und er wimmerte rum. Gut, dass man so etwas ausschließlich über Matrix kontaktiert. Während sie das Formular an ihren Vorgesetzten abschickte, dass sie den Aufenthaltsort der gefährlichen Entführer von Melanie Wimmer hatte, orderte sie bereits einen Magier und ein HTR-Team. Die Bewilligung kam umgehend.
Raimundo Müller saß auf dem Sofa im Haus. Er hatte keinerlei Kontrolle über seinen Körper. Still hielt er dem Troll seine Hände hin, so dass er sie mit einem Kabelbinder fesseln konnte. Im Trid liefen Nachrichten: "...kündigte Dr. Heinz Bauer seine Kampfkanditatur um den Vorsitz der Frankfurt Massaker an. Bauer ist bekannt für seine wohlwollende Haltung gegenüber der Beteiligung Ares als zahlungskräftigen Investor. Ares möchte mit seinem Tochterunternehmen Ares Global Entertainment (AGE) zu diesem Zwecke in Oberrad eine Niederlassung bauen..."
Warum zur Hölle muss der Troll ausgerechnet jetzt seinen dicken Arsch zwischen den Trid und sein Gesicht schieben? Hatte er das eben tatsächlich gehört? Wollen die Massakers das wirklich zulassen und so eine Dreks-Kon-Mannschaft werden wie die LabRats oder die Centurions??? Der Troll drehte sich wieder um, zog ruckartig die Kabelbinder zurecht und er erlangte wieder Kontrolle über seinen Geist.
"Spult das nochmal zurück, spult das zurück, das darf doch nicht wahr sein...".
Der Troll schaute ihn an. "Was zurückspulen?"
"Na, die Nachrichten." Als der Troll immer noch doof schaute, ergänzte er: "Über die Massakers".
"He, du willst mich doch verarschen, kennst doch nicht mal nen Spieler von denen!"
"Was? Da ist..." Er zählte sie alle auf. Inklusive Ersatzbank.
Frau Mayer hörte interessiert zu. Sie durchsuchten ihn. Er erzählte alles. Das Wenige, das er wusste. Dann ging das Komm in einen anderen Raum. Die Kontaktnummer für den Schnüffler wurde angerufen. Sie tat, als würde sie von nichts wissen.
"Herr Müller, was haben Sie zu berichten?"
Die Stimme von Herrn Müller. "Ähm, ich schätze, es ist etwas schief gelaufen. Diese Leute wollen ein Treffen mit Ihnen vereinbaren. Sie zum Essen einladen." Einer von ihnen muss einen Stimmenmodulator haben. Verbotene Cyberware. Macht sich immer gut in der Anklageschrift.
"Können Sie mir bitte einen Ihrer Gastgeber ans Komm geben?" Spielen wir also ein Spiel.
Eine neue Stimme meldete sich. Eine Frau. "Hallo. Wir laden Sie gerne zu einem Abendessen ein, um die missliche Lage mit ihnen persönlich zu besprechen."
"Aber gerne. Darf ich irgendetwas mitbringen? Als Gastgeschenk?"
"Vielleicht eine Flasche Wein? Wann wäre es Ihnen angenehm?"
"In 90 Minuten?"
"Sehr gerne"
90 Minuten waren mehr als ausreichend für alle Vorbereitungen.
In der Pizzeria Roma sah Armin seinen Chef überschwänglich erfreut eine attraktive Dame verabschieden. Das machte neugierig. Er schaute der hübschen Blondine nach. Sie stieg in einen Mercedes-Van. Dreißig Minuten später war er mit zwei Party-Pizzas und einer Flasche Rotwein unterwegs nach Niederursel. Seine erste Lieferung musste exakt um 23.15 Uhr ankommen. War schon bezahlt. Komisch. Er war gespannt, was ihn erwartete. In Niederursel ließ er sich von ALI zur angegebenen Adresse bringen.
Als er klingelte, öffnete ein Troll. "Zweimal Party-Pizz..."
"Ich hab nix bestellt."
"Äh, die Bestellung wurde bereits bezahlt. Soll wohl eine Überraschung werden." Im Hintergrund sah er noch ein paar Männer. Die Sache wurde immer merkwürdiger. Er packte die beiden Pizzen und den Wein aus. Der Troll fummelte komisch an seinem Ohr herum, dann schloss er die Türe ohne Pizza oder Wein anzurühren. Die Sache wurde immer unglaublicher.
Er war gerade an seinem Auto angekommen, als er an der Tür, die ihm eben vor der Nase zugeschlagen wurde, ein Klingeln hörte...
Ben saß alleine am Fenster. Seine Eltern schauten irgendwas Langweiliges im Trid. Aber da draußen, da draußen steppte der Bär. Er hatte immer wieder schräg gegenüber Drohnen gesehen. Erstmal nichts Ungewöhnliches. Aber diese Drohnen wurden auf dem Dach abgesetzt und blieben dort. Da wurde eine Überwachung eingerichtet! Inzwischen hatte er das Fenster geöffnet, so dass er auch besser hören konnte. So war die Überraschung des Trolls an der Türe nicht zu überhören, dass ihm Pizza geliefert werden sollte...
"Mama, Papa, es geht weiter! Unglaublich. Die kreigen Pizzas geliefert und lassen die vor der Tür stehen. Und die klingelt jetzt auch noch!"
"Was, echt? Ich ruf gleich Erna an. Der Freund von ihrer Friseuse hat einen Freund bei der Polizei. Die weiß sicher was..."
"Jetzt mach mal das Licht an, sonst sieht man ja nix..." Sein Papa tauchte neben ihm mit einer Jumbo-Packung Chips auf. Nahezu ewig hörten sie dem Kommlink zu wie es immer wieder klingelte.
"Schau, Papa..."
Ein Spaziergänger kam an die Türe, öffnete den oberen Pizza-Karton, nahm das Kommlink heraus und ging damit seelenruhig weg, während es immer wieder klingelte.
"Bas ift dof Diebftahl. Voll freist", mampfe sein Papa neben Ben vor sich hin.
Sie gehen also einfach nicht ran. Frau Mayer war überrascht. Noch überraschter war sie, als ein Spaziergänger das Komm einfach mitnahm. Etwas besorgt war sie dann doch, als dieser Spaziergänger nach Süden auf die Felder lief. Sie rief nicht mehr an und verfolgte das getrackte Komm. Zusätzlich sah sie sich die Situation über die Überwachungsdrohnen des Sternschutzes an. Auch diese Bewilligung hatte sie bereits. Der SS war immer gerne bereit mit dem Bundesamt für Innere Sicherheit zu kooperieren. Und v.a. mit ihr. Sie hatte im SS genügend politische Freunde.
Das Komm wurde ausgeschalten. Aber das war für sie kein Problem. Es hieß nur, dass der Nutzer dachte, es wäre ausgeschalten. Auf dem weiteren Weg entdeckte der Spaziergänger das HTR-Team, das teils südlich vom Haus am Feldrain und westlich vom Haus an der Schule im Gebüsch in Stellung gegangen war und auf Zugriff wartete. Der Magier neben ihr im Van berichtete, dass der gegnerische Magier dem Pizza-Boten folgte. Die drei Geister, die er gleich als Verfolger hatte, griff er aber nicht an und zog sich sofort wieder in das Haus zurück. Das Haus wurde von einem Geist bewacht. Etwas riskant, im Astralraum einzudringen. So kreisten die Geister um das Haus.
Sie hatte eine blendende Idee, den Druck zu erhöhen. Einen Anruf später war eine SS-Streife unterwegs. Der Spaziergänger hatte das Komm einfach weggeworfen. Gleich neben ihr, bei überdachten Parkplätzen.
"Ihr fahrt zu folgenden Koordinaten, nehmt das Kommlink, das dort rumliegt und bringt es zu folgender Adresse. Gleich um die Ecke. Dann stellt ihr euch an diese Koordinaten und bewacht den Mercedes-Van. Für die Sache."
Für die Sache. Alles klar. Die beiden SS-Beamten warfen das Magazin mit Gel-Munition aus und luden scharfe Mun.
Als sie nach dem Komm suchten, klingelte es.
Sie fuhren zur angegebenen Adresse um die Ecke und klingelten. Ein dämlicher Trog öffnete.
"Für Sie. Ich an ihrer Stelle würde rangehen."
Sie drehten sich um und fuhren an die angewiesenen Koordinaten.
"Ja?"
Frau Mayer war amüsiert. Und vielleicht auch etwas verärgert.
"Sie nehmen mich wohl nicht ernst. Das ist sehr schade. Für Sie. Sie haben eine Stunde, dann liefern Sie mir Airwalk aus oder stellen Kontakt zu ihm her."
Sie legte auf.
2.c
Die Zeit lief und lief. Sie neigte sich dem Ende zu. Frau Mayer notierte innerlich, dass der Gegner eine Person außerhalb des Hauses hatte. Sie konnte den Spaziergänger nicht mehr sehen, aber was konnte eine Person schon ausrichten. Viel mehr Sorgen machte ihr es, dass sie im Haus wohl keinerlei Elektronik zur Kommunikation nutzten. Und auch nicht sprachen, sonst hätten sie etwas über die Lasermikrofone gehört. Der Magier meinte, sie würden über Magie sprechen. Er hätte den Spaziergänger im Auge. Eine erwachte Person. Ein Geist würde ihn begleiten. Es sieht sowieso so aus, als würde der Spaziergänger sich Richtung Niederursel-Mitte entfernen. Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.
In Niederursel hörte Ali Unglaubliches von einer jungen hüschen Schwester, fast noch ein Kind. Sie schluchzte vor sich hin, ihr Türkisch immer wieder mit arabischen Schimpfwörtern unterbrochen.Sie hatten nicht alles verstanden, aber die Geschichten waren immer die Gleichen. Der SS hat es tatsächlich gewagt, ein junges Mädchen so zu demütigen! Das war genau der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte! Seine Brüder um ihn waren sofort Feuer und Flamme. Bis hierher und nicht weiter. Er rief seine Brüder über Komm zusammen. Heute war die Nacht. Sie hatten Uzis, sie hatten Molotows und sie hatten Zorn!
2.d
Frau Mayer sah auf die Uhr. Noch 10 Minuten. Über die Sensoren sah sie eine Horde Punks auf Motorrädern ankommen und schon brach die Hölle los. Sie eröffneten das Feuer auf die beiden Sternschutz-Beamten in ihrem Wagen. Ein Molotow-Cocktail traf ihn voll. Auch hiter ihrem Mercedes brannte es. Verdammt! Über Schäden am Fahrzeug wäre ihr Vorgesetzter nicht erfreut. Alles geliehenes Material. So startete sie den Motor, denn schon machten sich weitere Punks bereit, einen Molli zu werfen.
"Burger, ihre Geister sollen die Punks umlegen. Sofort!"
"Meine Aufgabe ist es, mich um den gegnerischen Magier und seine Geister zu kümmern. Wenn Sie Aufruhrbekämpfung durch mich wünschen, dann stellen Sie bitte einen Antrag bei Psi-Aid. Nach Zahlungseingang bin ich gerne dazu bereit."
Burger, diese unverschämte Ratte! Schlimm genug, dass sie Van und HTR-Team ausleihen musste. Aber Magier waren etwas ganz Eigenes. Arrogante Eierköpfe!
"Aber als Zeichen meines guten Willens könnte ich den Roadmaster in Brand setzen, der eben die Garage des Zielobjektes verlassen hat. Auch wenn niemand darin sitzt."
"Falls es Ihnen nicht zu viel Mühe bereitet, denn immerhin ist das auch nicht Teil des Vertrages."
Burger lächelte. "Aber nein, meine Liebe. Psi Aid ist stets äußerst kooperativ in Zusammenarbeit mit jeglichen Sicherheitsbehörden." Ja, sie hätte nicht so schroff reagieren dürfen. Burger war keiner ihrer Untergebenen. Im Eifer des Gefechts ist dieser Lapsus nun einmal passiert. Über ihre Drohnen im TacNet konnte sie sehen, wie der Asphalt vor dem Roadmaster zu einem Ungetüm von Erdgeist wurde, in das das Fahrzeug hineinkrachte und gestoppt wurde. Gleichzeitig fing es an zu brennen. Es krachte durch ein parkendes Auto in eine Hauswand.
"Team Alpha und Beta zu meiner Position. Freies Feuer. Dabei fuhr sie etwas vor und den Geschützturm aus. Die Kugeln der Maschinenpistolen prallten wirkungslos von ihrem Wohnmobil ab. Aber eine neue Lackierung wird fällig sein.
Die sechs Einsatzkräfte kamen in ihren Ganzkörperpanzerungen an und eröffneten das Feuer aus ihren Sturmgewehren. Frau Mayer hatte im TacNet die Ziele bereits markiert. Sie fuhr langsam um die Ecke an einer Verkehrsinsel vorbei. Von hier aus konnte man das Zielobjekt sehen. Sie schaute genau, ob sich dort etwas tat. Dummerweise war in der MMG des Geschützturms nur Gel-Munition geladen, aber auf die Schnelle war das nicht mehr zu ändern. So war das eben mit den Sicherheitsvorschriften in der ADL. Am Zielobjekt tat sich nichts. Die beiden Teams zu je drei Mann taten ihre Arbeit. Zuverlässig wie immer. Der Fahrer der beiden Teams berichtet, dass weitere Punks im Anmarsch waren. Jetzt lagen sie ohnmächtig am Boden. Einige konnten wohl entkommen. Die Punks an ihrem ursprünglichen Standort ebenfalls. Einer hatte mit seiner Maschine die Flucht nach Vorne angetreten. Mit einer gezielten Salve holte sie ihn von seiner Maschine.
2.e
Eberhart Burger amüsierte sich. Er konnte die BIS-Schlampe nicht ausstehen. Und sie ihn nicht. Das war allerdings kein Grund, seine Manieren zu verlieren. Er gestattete sich ein Lächeln als einer seiner Geister ihm berichtete, dass zwei Personen aus dem Zielobjekt davongingen. In Begleitung eines Geistes. Das war sein Gebiet. Er überzeugte sich erst selbst von der Situation. Ein Troll mit einem Elfen auf der Schulter joggte locker den Feldweg nach Süden Richtung Kleingärten. Ihnen folgte ein Geist, der sie wohl verschleierte. Er gab seinen beiden Geistern den Befehl anzugreifen, sobald Magier oder Geist astral wahrnahmen. Den dritten Geist stellte er zu seinem Schutz ab.
Wieder in seinem Körper angekommen, erstattete er Frau Mayer Bericht.
"Stürmen Sie umgehend das Zielobjekt."
Im vollen Lauf ging es zurück. Inzwischen brannte den Paul-Kornfeld-Weg runter ein Sicherheitsfahrzeug an einer Hauswand. Eine der Garagen des Zielobjektes stand offen.Im Lauf schossen sie Gasgranaten durch die Fenster. Eine Salve zerschoss das Schloss der Vordertür. Nahezu gleichzeitig drangen sie in das Objekt durch Fenster und Türen ein. Ihre Versiegelung der Ganzkörperpanzerung schützte sie vor dem Neurostun, das sich in den Räumen verteilt hatte. Dann wurden sie von den Beinen gehoben. Alle. Sprengfallen! Jemand hatte an den Türen und Fenstern Geschenke für sie hinterlassen. Glücklicherweise war die Sprengkraft nicht stark genug, ihre Rüstung zu durchdringen. So durchsuchten sie etwas benommen das inzwischen renovierungsbedürftige Gebäude. Im Keller fanden sie einen verängstigten Ork. Gefesselt mit Kabelbindern...
Boah, wie shiny war das denn?! Ben hatte alles im Kasten. Enthusiastisch lud er alles auf Horizons P2.0 und monetarisierte das Trid. DAS würde gut Patte bringen!
Frau Mayer fuhr nach Süden durch Niederursel. Sie hatte die Überwachung der Autobahn bereits auf ihrem Schirm. So hatte sie gute Sicht auf die Kleingartenanlage. Auch Burger erstattete ihr Bericht. Doppelt hält besser. Das HTR-Team hatte Raimundo Müller im Zielobjekt festgenommen. Vielleicht konnte sie in der Vernehmung einige Informationen aus ihm herausholen. Wichtiger war es allerdings, die Ziele lebend in ihre Hände zu bekommen. Drei Mann stiegen nördlich des Kleingartens aus, der Roadmaster ihres Teams fuhr langsam an der Kleingartenanlage vorbei. Die beiden Flüchtigen versteckten sich geschickt. Zusammen mit der Verschleierung ein guter Plan. Aber nicht gut genug für magische und technische Überwachung, die Hand in Hand gingen. Als der Roadmaster hinter einer Baum- und Gebüschreihe südlich der Kleingartenanlage in Deckung ging und die drei Mann bereit waren, ließ sie ihr Flying Eye über Autopilot über die Kleingartenanlage fliegen. Einfach etwas auf den Busch klopfen. Burger berichtet, dass der astrale Kampf angefangen hat.
Eberhart Burger ließ die beiden Geister auf den etwas mächtigeren Geist des Schamanen einschlagen. Leider ging der Überraschungsangriff daneben. Aber er musste im weiteren Verlauf einstecken. Plötzlich erschien ein zweiter Geist. Mist! Das muss ein Gebundener sein. Jetzt bereute Burger fast, einen seiner gebundenen Geister als persönliche Leibwache zurückgehalten zu haben. Aber er hatte die Oberhand im Kampf, denn einer der Geister des Gegners war verwundet. Schnell drehte sich jedoch das Kampfglück rabiat und sein gebundener Feuergeist war in seine Dimension zurückgeschleudert. Der zweite folgte rasch nach. Verdammt, wie konnte das passieren...?
"Team Alpha. Sehen Sie die Zielobjeke?"
"Nur einen. Er zieht eine Kampfpanzerung an. Sehr ungeschickt."
"Das muss der Magier sein. Schalten Sie ihn aus."
Zwei Salven später fiel das Ziel zu Boden. Aus dem Gebüsch kam ein Feuerstoß aus einem Sturmgewehr. Kugeln schlugen ein.
Frau Mayer hatte alles unter Kontrolle. Team Alpha hatte gerade den Magier ausgeschalten, der vermutlich vergessen hatte, dass sein Geist nicht gleichzeitig ihn verschleiern und im Astralraum kämpfen konnte. Da half es auch nichts mehr, dass sie sich vor ihrer Luftüberwachung verstecken konnten. Sie waren schlau genug, ihren Standpunkt nicht über Feuern auf das Flying Eye zu verraten, aber nun hatte sich Goliath in ein Feuergefecht mit Team Alpha verwickeln lassen. Auf lange Sicht hatte er keine Chance. Wichtig war es nur, ihn lebend zu bekommen.
"Geister! Hinter euch!", hörte sie den Fahrer ihres Teams über die Gruppenleitung. Professionell rollten sich die drei im Graben, warfen dabei ihre Magazine mit Betäubungsmunition aus und rammten neue Magazine mit tödlicher Wirkung in ihre Sturmgewehre. Die Geister streckten einen nach dem anderen nieder, ihre Sturmgewehre schienen ihnen nichts anzuhaben. Nur das SMG des Geschützturmes traf einen der beiden Luftgeister hart. Der Fahrer hatte das Fahrzeug in Gang gesetzt, um die Geister in sein Schussfeld zu bekommen. Anscheinend hatte Goliath sich darauf verlegt, den Geschützturm zu beschießen und war dabei erfolgreicher als dem Rigger lieb war. Frau Mayer sah im TacNet, wie die Zielvorrichtung des Geschützturmes ausfiel. Der letzte Soldat fiel. Die Geister hatten sie massakriert. Einer der Geister schoss auf den Roadmaster. Der Elektroschock ließ den Sensor ausfallen und löste die Diebstahlsicherung aus. Der Fahrer, halb ohnmächtig durch die Einschläge in den Wagen hatte aus Bequemlichkeit seinen Helm nicht auf. So wurde das ausströmende Neurostun zu seinem Verhängnis. Der Roadmaster fuhr in die Böschung der Autobahn und blieb stehen.
Frau Mayer war nicht amüsiert.