Prolog 1: Chengi
Tant-Chen erwartete ihre Untergebene in einem feinen japanischen Restaurant in Frankfurt. Sie traf exakt pünktlich ein wie immer und setzte sich mit einer angemessenen Verbeugung auf ihre Einladung hin zu ihr. Nach einem Tee und etwas Small-Talk war es Zeit, zur Sache zu kommen.
"Chengi-san, es gibt eine Aufgabe, für die Ich jemanden brauche, dessen Loyalität zum Kubushi-Kai unverbrüchlich ist."
"Meine Loyalität gebührt einzig dem Kai."
"Nichts anderes habe ich von Dir erwartet, meine Chengi. Dein Potential ist so groß, dass Du es im Kai eines Tages weiter gebracht haben wirst als meine Wenigkeit." Sie ließ etwas Pause. Für ein Mädchen, das noch nicht einmal die Schule beendet hatte, hatte sich Chengi bereits einen sehenswerten Ruf erworben. "Es gibt einen Gefallen, den wir dem Makahashi-Gumi erweisen werden und Du wurdest dafür ausgesucht. Sie benötigen Kräfte von außerhalb. Du bist loyal und Deine Kontakte sind gut." Sie ließ wieder eine kurze Pause. "Leider kann man das nicht von allen hier im Kai sagen." Sie unterbrach sich selbst mit einem kurzen Stöhnen des Bedauerns. "Und so sollst Du die Augen und Ohren des Kais in Düsseldorf sein. Gefährde dabei nicht den Gefallen an sich, aber bitte schaue Dir alles was den Makahashi-Gumi betrifft, genau an."
"Selbstverständlich."
Man trank noch einen Tee und beendete die Konversation.
Prolog 2: Groucho
Azumi Morimoto brachte alles mit, was man als gute Yakuza haben sollte. Manieren, Skrupellosigkeit, Intelligenz und Loyalität. Eigentlich sollte sie schon längst Mitglied sein, denn sie hatte als Zeichen der Loyalität auch eine Seite ihres Gesichtes tätowieren lassen. Aber sie hatte einen Makel, den das traditionelle Makahashi-Gumi in Düsseldorf niemals verzeihen würde: Sie war eine Frau. Ihr war vor einiger Zeit klar geworden, dass sie niemals höher steigen würde als sie jetzt war: Eine Schmitt für den Gumi.
Wie dem auch sei. Sie hatte Arbeit. Im Moment saß im traditionellen japanischen Seiza vor ihr hier im noblen Düsseldorfer Teehaus `Ocha´ ein Zwerg in Anzug, der neu im Plex war. Genau, was sie suchte. Ein Muskel, das war sein Angebot, ein Ki-Adept, wie ihre orkische Magierin ihr berichtete.
"Herr Groucho, wir haben ein Angebot für Sie. Wir würden Sie mit einigen Runnern bekannt machen, die es gewohnt sind, zusammen zu arbeiten, aber für ihre Aufträge hier im Plex etwas Verstärkung benötigen. Sie werden ein Mädchen dieses Teams genauer beobachten. Sammeln Sie ihre Vorlieben und Abneigungen."
"Klingt gut, was springt für mich dabei raus?"
"Für Ihren Auftrag zwischen 1 bis 10 Tausend. Entsprechend Ihres Erfolges."
Der Zwerg wirkte etwas verstört und enttäuscht. "Das ist nicht gerade viel..."
"Selbstverständlich ist das die Extra-Vergütung. Für die Runs selbst werden Sie bezahlt wie alle anderen auch."
Die Zufriedenheit machte sich durch die Entspannung seines Körpers bemerkbar. "Und wie viel Zeit sollte ich dafür mitbringen?"
"Das kommt darauf an, wie lange Sie für die Planungen benötigen. Aber vier Wochen sollten auf jeden Fall genügen."
"Klingt gut."
"Dann genießen Sie bitte den guten Tee. Unsere Gäste sollten demnächst eintreffen."
Frau Schmitt ließ von den beiden Geishas den Tisch abräumen und wartete auf ihren Besuch. Dieser kam auch prompt. Sie wies ihren beiden Muskeln die beiden Ecken des Raumes zu. Ihre Magierin stand hinter ihr.
"Wunderbar, da sind Sie schon. Es tut mir Leid, wir sind noch nicht vollkommen vorbereitet." Es war eine Anspielung darauf, dass sie etwas zu früh kamen. "Aber bitte setzen Sie sich doch."
Von Seiten ihrer orkischen Magierin bekam sie telepathisch übermittelt, dass drei von ihnen erwacht waren. Das Mädchen, das sie unter dem Namen Chengi kannte, der Elf und der Norm. Der asiatische Norm war ein mundaner.
"Wir haben auch Sitzhilfen, falls Sie den Seiza nicht gewohnt sind. Alle außer dem asiatischen mundanen Norm lehnten ab. Sie hatte eine Abneigung gegen solche Individuen, die sich den Gaijin zu sehr angepasst hatten.
Ein frisch aufgebrühter Tee wurde von den Geishas gebracht. Frau Schmitt goss allen außer sich selbst in Reihenfolge der sozialen Stellung ein und stellte die Kanne zurück. Chengi nahm die Kann und goss Frau Schmitt ein. Auch sie stellte die Kanne gemäß japanischer Etikette korrekt zurück.
Das Essen war den unkundigen Gajin angepasst. Nur große Stücke, so dass sie sich mit den Stäbchen leichter taten.
"Nun, Sie möchten natürlich wissen, worum es geht. Es gäbe drei Aufträge. Einer umschließt Einbruch und Sabotage. Ein zweiter Überwachung und ein dritter Einschüchterung." Frau Schmitt wartete kurz. Es kam kein Einwand. "Für den Einbruch lobt mein Auftraggeber 50k aus, für Überwachung und Einschüchterung jeweils 20k."
"Es gibt doch sicher noch die Möglichkeit, sich noch etwas dazuzuverdienen?"
Frau Schmitt betrachtete den Elf und benötigte einige Sekunden, um die Wut in ihrem Inneren angesichts solcher Unverschämtheit zu glätten. "Es gibt möglicherweise Aufgaben, die sich auf Grund ihrer Erfolge ergeben."
"Entschuldigen Sie. Er wusste nicht, dass wir nicht verhandeln sollen."
Nun sah Schmitt den asiatisch aussehenden Jungen an. Was mischte der sich nun ein? Sollte der Elf sein Schüler sein, so hätte er als Lehrer die Konsequenzen zu tragen. Statt dessen entschuldigte er sich für ihn und das noch auf solch eine beleidigende Art und Weise. Was für ein Gajin!
"Wie dem auch sei. Hier ist ein Chip mit allen Informationen und ein Credstick mit einer Anzahlung von 9k. Der Raum ist noch für etwas über einer Stunde gemietet. Sie können jederzeit nachbestellen, falls Ihnen etwas fehlen sollte."
Schmitt nickte ihren Gästen knapp zu und verließ mit ihren drei Bodyguards den Raum.
Informationen der Schmitt
Ordner 2
Am Samstag, 04.03.2079 startet der WDR mit einem echten Live-Format. "Wetten, dass...?" wird wieder aufgelegt. Die Show muss eine einzige Panne werden.
Ordner 3
Der WDR hat einen Reporter namens "Georg Welsbach". Finden Sie seine Informanten heraus und schrecken Sie sie ab. Töten Sie niemanden!
Ordner 4
Eine Dame (Foto) hat mehrere Geschäftspartnern Wanzen am Jackett untergejubelt und spioniert. Finden Sie die Aufzeichnungen und sorgen Sie dafür, dass sich das nicht wiederholt.
Der Marder schaute auf sein klingelndes Komm. Sein Bruder. Sozusagen ein Gang-Treffen, denn sie beide waren die letzten Überlebenden der "Chains". Eine Gang aus Ex-Knackis. Bis dann alle drauf gingen...
"Hoi Groucho, wie geht´s?"
"Hoi, ich brauch n paar SINs."
"Klar Mann, wie schnell?"
"Vier Stück in spätestens neun Tagen."
"Wow, Alter, ich bin alleine... also ich schmeiß mir paar Long Haul ein und dann kann ich n paar zum Wegwerfen machen."
"Ne... warte mal... geht auch was Besseres?"
"Klar, aber dann schaff ich keine vier."
Gemurmel im Hintergrund. Anscheinend eine Diskussion.
"Groucho, pass auf, ich mach Dir eine gute und melde mich dann. Schick mir einfach die Fotos."
"Alles klar, machn wer so."
Karl "Charlie" Kaluppke und Ferdinand van Haag waren auf Streife. In zivil. Am liebsten hielten sie sich aus allem raus. Ärger durften andere übernehmen. Also Kids festnehmen, die hier am Medienhafen Randale machen, klar. Aber nix Ernstes, bitte. Dazu zahlt der Plex eindeutig zu schlecht. Die ernsten Sachen laufen wegen den Konzernen ab, also sollten die auch ihren Drek selbst weg machen.
"Hey, Charlie, der gelbe Toyota da vorne ist als grün eingetragen. Lass uns den mal kontrollieren. Paar Mäuse abzocken."
Während Charlie sich vor das Fahrzeug setzte und in der AR wie auch im Rückfenster das "Polizei - Bitte folgen" Schild an.
"Mann, Charlie, ich habe die ausgestrahlten SINs überprüft. Eine ist ein Fake... Verdammt." So wurde aus einer Kleinigkeit eine handfeste Straftat.. Um so etwas machten sie normalerweise einen Bogen...
"Dann sind die echt gefährlich. Pass auf. Hol den mit der Fake-SIN raus und dann machen wir dem ein Angebot, ok?"
"Meinst du nicht, die legen uns gleich um?"
"Wer nicht wagt... wie viel verlangen wir?""
"Hm, Tausend für jeden von uns?"
"Ich habe gehört, dass Leute schon für´n Appl und n Ei umgelegt werden..."
"Ok, also Tausend insgesamt?"
"Klingt gut, ich fahre da vorne die Feuerwehreinfahrt rein."
Ferdinand stieg als erster aus. Er ging zum Fahrer, während Charlie von hinten sicherte. Die Scheibe war schon unten. Das Auto war voll. Auf dem Fahrersitz ein Typ in Panzerjacke, alle anderen in Anzügen. Komische Truppe. Ein Fahrer und seine Konzernis sitzen sonst in ganz anderen Preisklassen von Autos... Der Elf mit der Fake-SIN saß auf dem Beifahrersitz. Drek! Das waren Runner! Ihm wurde ganz schlecht. Egal, jetzt durch!
"Guten Tag, wissen Sie, warum wir Sie angehalten haben?"
"Nein."
"Ihr Auto sollte rot sein."
"Ich wollte mal schauen, wie es mit anderer Farbe aussieht."
"Aha, und deswegen haben SIe es umlackieren lassen", stellte Ferdinand fest. "Und was treibt Sie in den Plex?"
"Urlaub."
"Und für den Urlaub haben Sie extra ihr Fahrzeug umspritzen lassen...?" fragte er ungläubig eher sich selbst. Anscheinend fühlte sich Panzerjacke nicht angesprochen.
"Und Sie, Herr Arndt, steigen Sie bitte einmal aus und kommen Sie mit zum Wagen."
Der Elf folgte ihm. Sein Partner übernahm.
"Hören Sie, Sie sind hier mit einer gefälschten SIN unterwegs. Dummerweise haben wir beide so viel um die Ohren, dass wir die ganze Sache gegen ein Bußgeld von 1000 € einstellen würden."
"Selbstverständlich."
"Wir würden Bargeld bevorzugen, um die lästige Bürokratie zu umgehen. Oder einfach einen beglaubigten Credstick?"
"Selbstverständlich."
"Vielen Dank für Ihre Kooperation. Und was immer Sie hier vorhaben... Bitte nicht in unserer Schicht."
Ferdinand und Charlie stiegen wieder ein, während der Elf zurück zum Toyota Citizen lief. Ferdinand ließ das Fenster runter: "Und fahren Sie aus der Feuerwehrzufahrt raus. Sonst müssen wir noch ein Bußgeld ausstellen."
Charlie konnte im Gegensatz zu Ferdinand gar nicht lachen. "Ich hoffe, die legen uns wegen deinem Spruch jetzt nicht um."
Ferdinand blieb das Lachen im Halse stecken. Branntheiß fiel ihm ein: "Wir haben ganz vergessen, den Fahrer zu rippen."
Irgendwie hatte Kalle sich sein Praktikum beim WDR anders vorgestellt. Er sah sich schon in der Horizon-Familie seinen Konzerntraum in Ruhm und Geld leben. Statt dessen durfte er den Sperrmüll aus dem Keller im WDR Köln eine Treppe hochschleppen und in einen Container schmeißen. Zum Glück war die Türe vom Notausgang hier hinten defekt. Hatte nie einer gemeldet, weil es für alle Praktikanten eine geniale Abkürzung zum Café Reichard war, wo sie den schnöseligen Sesselfurzern ihren Kaffee und Stückchen holten und außerdem war das für sie die perfekte Gelegenheit, sich mal unbemerkt abzusetzen. In diesem Scheißladen war sowieso alles baufällig. Die Könige aber, die hatten alle ihr Büro in Düsseldorf. Alles neu renoviert und piekfein. Also ließen die unteren Chargen hier in Kölle alles an den einzigen aus, die noch unter ihnen standen: Praktikanten. Willkommen in der schönen neuen Medienwelt!
Kalle mühte sich draußen zwischen den Büschen und Bäumen mit der Kiste ab, als ihn jemand von der Seite anquatschte.
"Hoi, kann ich Dir helfen?"
Ungläubig sah er zur Seite. N junger Typ in Panzerjacke. Ghetto-Chic ist immer in. Irgendwie. Aber hier aus Köln kommt der nicht. Das hört man.
"Äh, glah, gannsde mia ma helfn, dänn Gaddong in dä Gondähnä zu globbn?" Der Typ packte mit an. Ging gleich viel besser. "Wie gommsdn, dass dä mia helfän dusd?"
"Ich wollte mal schauen, ob ich hier ein Praktikum machen kann..."
"...in dähn Safdlahdän hia, oh männeggen, lassäs liebä. Ich muss dä dregs Gellä usräumä, dad is mei Braggdigum. Un dennä Ahschlöchä Gaffee holn."
"Hört sich irgendwie nicht so gut an."
Kalle nickte. Während er dem Typen nachsah, kramte er seine Packung Kippen raus und steckte sich eine an. Schweiz. Genau, das war der Akzent aus der Ricola Werbung. Mit dem ch und so.
Ordner 4Frenkie bot seine ausgewählten Waren auf einer Decke feil. Auf einem Bürgersteig mitten in Düsseldorf-Flingern. Dort lag das Beste, was man auf der Straße so finden konnte. Die meisten Leute gingen einfach achtlos an ihm vorbei, aber so ein Typ in Panzerjacke stand auf einmal vor ihm.
"Hoi, weißt du, was das Zeichen da drüben bedeutet?"
Der Norm zeigte auf ein Gang-Tag. Ein großes Z, daneben eine hundert, unter der ein Prozent-Zeichen stand. Das prangte da groß auf den Mauern verlassener Werkstätten. In der Mitte, seitlich eingegrenzt von Mauern, ein langer Zugang, der in einem dunklen Durchgang in einen Hinterhof endete. "Dat sinn de 100 pro Z´s."
"Und was heißt das?"
"Naja, dat sinn so Zombies un Vampire un so."
"Wow, echt? Was hilft denn gegen die?"
"Silber, is doch klar. Hier", Frenkie zog die abgebrochene Radioantenne aus, "100% Silber. Super Waffe jejen Vampire..."
"...äh, nein..."
"...oder hier een Radkapp, kann man prima werfen..."
"...was will ich mit EINER Radkappe...?"
Eine junge hübsche Asiatin mischte sich auf einmal ein. Obwohl sie voll nach Ghetto aussah, kam sie irgendwie nobel rüber mit ihrem Schwert auf dem Rücken.
"Hoi, das Auto da vorne", sie deutete auf einen rostigen kleinen Flitzer, "das steht nachher noch genauso da wie jetzt?" Dabei hielt sie ihm einen 20 Euro Schein hin.
"Sischer, sischer."
Sie drehte sich um und ging in aller Seelenruhe Richtung Turf der Z100%. Ihr schlossen sich der Typ in Panzerjacke, ein Zwerg und ein Elf an. Das roch nach Ärger. Also Augen auf, vielleicht kann man was abgreifen.
Rotze war vollkommen zufrieden. Er durfte hier mit seinem Chef und Ralle im großen Durchgang Wache stehen. Aufrecht stehen war toll. Ralle war ganz aufgeregt, weil ihn alle Ork nennen. Aber er ist ein Goblin. Goblins erkennt man daran, dass sie die ganze Zeit reden. Also die sind die ganze Zeit wütend darüber, dass jeder Ork sagt und nich Goblin. Rotze holte sich mit einem erstaunlichem Feingefühl einen fetten Popel aus der Nase und ließ ihn sich genussvoll auf der Zunge zergehen. Der Chef sah ihn dabei mit seinen durchgehend weißen Augen an. Die meisten fanden seinen Chef unheimlich. Aber der war voll ok. Neulich hatten sie erst ein paar Wannabees verprügelt. Naja, irgendwann dürfen die vielleicht auch mitmachen. Der Chef war auch gar nicht wütend, dass er aus Versehen einen umgelegt hatte. Am nächsten Tag gabs lecker essen. Lecker Fleischeintopf. Sein Chef mochte sein Fleisch aber lieber roh. `Blutig´ nannte er das. Nur Tatoos konnte er nich ab. Die schnitt er immer raus.
Ralle hörte auf zu reden als ein paar Typen in ihre Gasse kamen. Rotze war voll stolz auf den Gang. Der Chef hatte draußen ein paar Tags gemacht, aber die hier drin durfte er sprayen.
"Hey, verpisst euch!" schrie sein Chef den Leuten zu.
"Wir haben einen Termin."
Anscheinend hatten die ein kleines Mädchen als Anführer. Ha! Was für Lappen!
"Nen Scheiß habt ihr und jetzt verpisst euch."
"Sagt wer?"
"Wir. die 100% Z´s."
Rotze war ganz überrascht. "Chef, heißen wir nich `ZIOO´?" Rotze konnte lesen und deshalb hatte er neben das große Z einen Strich auf mittlerer Höhe gemacht und IOO drüber geschrieben. Das mit dem Strich war vermutlich wegen Kunst und so.
"Rotze, du machst den Trollen alle Ehre."
Rotze war voll stolz.
Dann das Mädchen wieder. "Wir haben einen Termin."
Sein Chef meinte so: "Äh, klar, wenn ihr einen Termin habt, dann dürft ihr natürlich rein."
Ralle fing sofort an, sich wieder zu beschweren. Komischerweise aber gar nich über diese Goblin Sache, sondern über den Chef. Wegen Job und so. Rotze mischte sich in so etwas lieber nicht ein.
"Willst du mich ernsthaft rausfordern? Wenn ich sage, die haben Termin, dann haben die Termin, klar?"
Rotze sah den vier Leuten nach, die in Panzerjacken an ihnen vorbei gingen. Keine Wannabees. Die Anführerin hatte ein Schwert. Teuer. Das sah sicher nur so aus, als ob ne andere Gang ihren Turf übernehmen will. Weil sonst hätte der Chef schon was gesagt. Ralle hatte das irgendwie nur noch nicht verstanden.
Als die Gang über den Hinterhof ins Treppenhaus rein ist, streiten die beiden immer lauter. Und stritten. Auf einmal war sein Chef still. Dann fluchte er.
"Holt die Stöcke raus, die machn wer fertig!"
Soll einer den Chef verstehen. Aber der is einfach zu schlau. Teleskopschlagstock raus und ab ins Treppenhaus. Rotze stürmte voran.
Chef drückte die Alarmtaste am Kommlink. Dadurch würde die Nachtschicht alarmiert. Rotze und Ralle pfiffen sich das Kamikaze ein, das für solche Notfälle immer im Vorrat war. Chef zog seine Pistole, die er gebraucht auf der Straße gekauft hatte. Ralle und Rotze waren durch die Hintertür rein, den Kurzen Gang vor zur Treppe und waren sofort in einen Kampf verwickelt. Er lief hinterher und... bereute es. Rotze und Ralle bekamen das nicht mit, aber im Astralraum war ein Luftelementar! Chef schoss auf einen Typen, der sich als Ziel anbot.
"Kack die Wand an", dachte er, "ich mach gleich nen Abflug!" Dummerweise kam im Astralraum der Luftelementar genau zu ihm und schlug auf ihn ein. Der Typ, auf den er geschossen hatte, hat eine verdammte Spritze in sein Bein geschossen. Aus Reflex zog er sie. Gedanklich war er schon auf dem Weg raus und schoss nochmal, als ihn eine weitere Spritze traf. Bevor er loslaufen konnte, fiel er durch irgendein Mittel, das diese verdammten Spritzen enthielten, zu Boden. Er fragte sich nur, warum Ralle und Rotze nur dumm in der Gegend herumstanden und nichts taten, als der Luftelementar neben ihm manifestierte und er am Boden liegend das Bewusstsein verlor.
Die Nachtschicht stand sofort auf, stülpte sich eine Panzerjacke über. Die beiden Soldaten knallten sich Kamikaze, der Boss, auch ein Ghul, schnappte sich seine Wumme. Er ließ die beiden Soldaten vorausstürmen. Sie wurden schon unter Feuer genommen, da waren sie noch nicht einmal die Treppe ganz unten. Er sah seinen Kollegen am Boden liegen. Die beiden Troggies schlugen gleich mit ihren Schlagstöcken auf jemanden ein und dann sah er es! Ein Luftelementar! Er schlich sich sofort zurück, so dass er nicht mehr gesehen werden konnte... Sollten diese beiden Privatdetektive selber schauen, wo sie blieben! Da kam eine verfluchte magische Armee!
Rotze schrie innerlich vor Wut. Er hatte den dreks Elfenmagier nur knapp verfehlt. Vielleicht war er nicht schlau, aber er wusste, dass der Typ ihn und Ralle unter Kontrolle hatte. Hinter ihm fand kurz ein Kampf statt. Er hörte ein paar Schüsse. Anscheinend hatte einer der anderen eine Automatik- oder eine Maschinenpistole. Drek! Und er stand nur hier, sein Kopf lief rot an vor Anstrengung und das einzige, was er tun wollte, diesen Dreks-Elfen umzunieten, das konnte er einfach nicht, weil sein Körper ihm nicht mehr gehorchte.
Als der Lärm vorbei war, sagte der eine Typ in einem komischen Akzent irgendwas von Mund aufmachen. Er musste den Mund öffnen, ob er wollte oder nicht. Der verfluchte Chummer schoss Ralle in den Mund! Und jetzt war er dran. Er war überrascht, als er nur einen Stich im Rachen spürte. Anscheinend reichte das nicht, denn nach einigen endlosen schummerigen Sekunden verspürte er einen zweiten Stich im Gaumen und seine Lichter erloschen...
Karl Otto sah über die versteckte Kamera im Treppenhaus wie die Gang dahingeschnetzelt wurde. Tina hatte Recht. Sie hätten sich Leute mit Wummen besorgen sollen statt solche Schläger. Doch dazu war jetzt keine Zeit... Deck und Cips in den Koffer gepackt, die anderen wichtigen Gerätschaften mit dazu. Teppich weg, Luke auf. Runter in den Keller. Karl fluchte, weil heimlich war wirklich anders. Steintreppe wieder hoch. Als er durch die Hintertür in den Hinterhof kam, atmete er auf und rannte durch den Durchgang Richtung Straße. Ein Schlag traf ihn von hinten. Eine kleine Asiatin stellte sich ihm in den Weg und von hinten wurde er gepackt. Er war geliefert.
"Na, wo solls denn hingehen?", fragte ihn die Asiatin. Er zeigte nur auf die Straße vor ihm, die inzwischen unerreichbar schien. "Und in welchem Stock wohnst du?", setzte sie fort, während sie seine Taschen durchsuchte und den Koffer Richtung Haus zurück kickte.
"Äh, ganz oben." Ob sie ihm diese Lüge abnahm?
"Na, dann lass uns doch einfach mal in deine Wohnung gehen."
Er wurde von dem kleinen aber enorm starken Kerl hinter ihm Richtung Haus geschoben. Auf der Treppe fiel ihm ein, dass die Nachtschicht im ersten Stock schlief und wollte dort abbiegen.
"Wohnst du nicht ganz oben?", höhrte er eine höhnische Frage. "Wo wohnst du denn nun wirklich? Und ich hoffe, der Kaffee ist wirklich gut da."
Enttäuscht zeigte er nach unten. Die Sicherheitstüre zu seiner Wohnung war aufgebrochen. Am Ende haben sie wohl die Angeln rausgeschossen. Vorne stand ein Elf herum. Ein Typ in Panzerjacke beschäftigte sich gerade mit der Tür in sein Büro. "Die beiden Schlösser sind geknackt, aber das Magschloss will Zahlenkombi und Fingerabdruck." Die Asiatin gab ihm die Karte. "Und jetzt noch den Finger." Panzerjacke sah ihn erwartungsvoll an. Er legte seinen Zeigefinger auf das Pad und das Schloss sprang auf grün.
Er wurde in sein Büro gestoßen. Sie fingen sofort an, seine Sachen zusammenzupacken. "Bitte", wimmerte er, " das war so viel Arbeit..."
"Wo ist deine Partnerin?"
"Ich... ich habe doch gar keine..."
"Lüg uns nicht an!" Er bekam einen Tritt und ein Foto unter die Nase gehalten. "Die hier. Wie können wir die erreichen?"
Die kleine Asiatin ließ einfach nicht locker. "Im Komm unter T".
"Wie genau?"
"Na, T und dann ein Punkt."
"Und wo ist die jetzt?", quatschte ihn Panzerjacke von der Seite an.
"Im Dampfhammer."
"Hä? Wo?"
"Du kommst nich von hier, oder?" Er schüttelte den Kopf.
"Werden wir finden, ich schicke das an unseren Support im Netz", nahm die kleine Asiatin wieder das Wort auf, "wer ist dein Auftraggeber?" Der Norm in Panzerjacke öffnete mit seinem Schlüssel den Koffer mit seinem Equipment. Es hatte keinen Sinn mehr.
"Kai Tidije. So n Reporter."
"Danke schön."
Ihm wurde von hinten sein Actioneer Buisness Anzug zur Seite gezogen und die junge Asiatin schoß zwei Mal. Sein Hemd färbte sich rot, als er langsam sterbend zu Boden sank. Der kleine Typ hinter ihm war tatsächlich ein Zwerg...
Frenkie hörte die Schüsse. Wow, echt was los da. Es dauerte etwas. Der Typ in Panzerjacke kam raus und fuhr mit dem Auto rückwärts rein bis zum Hinterhof. Anscheinend luden sie alles voll. Als sie endlich wegfuhren, beeilte sich Frenkie. Vielleicht gab es noch was abzugreifen. Seine Laune hob sich, als er die vielen Körper im Treppenhaus liegen sah. Aber er roch Rauch. Er hatte nicht viel Zeit. Er sammelte die herumliegenden Waffen ein und begann, die Taschen zu durchwühlen...
Tina war nachmittags immer noch im Dampfhammer in Hattingen, DEM angesagten Industrial Club im Plex. Sozusagen Stahl in Form von Musik. Sie holte sich gerade einen aufputschenden Cocktail, der das Long Haul in ihrem Blut unterstützen sollte, als sie Karl Otto sah. Er wirkte besorgt und machte eine Geste Richtung Ausgang. Drek! Irgendwas ist schief gelaufen! Als ab Richtung Ausgang. Draußen merkte sie, dass Karl noch ein paar Leute dabei hatte. N Elf, nen Zwerg und nen Norm. Sahen nach Schatten aus.
"Was is?"
"Wir sind gestürmt worden. Bin über den Keller raus."
"Hast du noch alles? Die Zusammenschnitte?"
"Ja, klar."
"Und die Leute...?" Tina deutete auf die drei Fremden um sie.
"Hab ich auf die Schnelle angeheuert."
"Wohin? Bist du mit deinem Auto da?"
Er deutete auf einen roten Kleinwagen. "Gemietet. Unauffälliger."
"Wo gehts hin?", fragte sie beim Einsteigen.
"Erst mal an einen sicheren Ort."
Sie fuhren los. Karl war so schweigsam. Kannte sie sonst nicht. Aber anscheinend reagierte er unter Stress so. Na, Hauptsache der Macker macht seinen Job. "Na, hoffentlich ist nichts kaputt. Wir haben noch nichtmal die ganze Kohle bekommen."
Er fuhr unterwegs über Landstraßen immer tiefer ins Gebirge. Wie hieß das hier nochmal...? Sie konnte sich nicht erinnern. Er hielt an einem kleinen Waldweg.
Sie schaute misstrauisch. "Was nun?"
"Wagenwechsel", meinte er nur lapidar und zeigte auf einen Holzstapel.
Sie ging in die Richtung und versuchte, den Wagen auszumachen. "Ist aber gut versteckt..."
Zwei Kugeln trafen sie in den Rücken. Dass sie hinter die gestapelten Holzstämme gezogen wurde, merkte sie bereits nicht mehr.
Kai Tidije sah auf sein Komm. Karl Otto. Ausgerechnet jetzt! Seufzend sah er Filly zu, wie sie aus seinem Pool stieg.
"Ja."
"Wir sollten uns treffen."
"Klar, Komm vorbei. Ich melde euch bei der Sicherheitsfirma an."
"Wir sollten uns vielleicht etwas diskreter treffen. Wie wäre es am Nordfriedhof?"
Der Nordfriedhof war zwar gleich um die Ecke, wenn man den Waldweg in Velbert nach hinten raus nimmt, aber er wollte Filly Schwartz, einem aufsteigendem Stern am Model-Himmel, noch ausführen und sich bewundern lassen. Davon abgesehen, dass sie seine Lancierung von äußerst wohlwollenden Artikeln in verschiedenen Regenbogenblättern vor ihrem Auftritt in "Wetten, dass...?" am nächsten Samstag durch sehr angenehmen persönlichen Einsatz unterstützte. Er seufztze und nahm noch eine Nase Novacoke. "Ja, meinetwegen. Wann?"
"Heute um 19.00 Uhr?"
"Gut, kann sein, dass ich etwas später komme." Er legte auf und ging zum Pool. Es war noch reichlich Zeit.
Hacke hörte den Typen mehr als er ihn sah. Wahrscheinlich wieder einer, der hier den Friedhof besuchte und schnell mal strullern musste. Perfekte Gelegenheit.
"Hey, haste ma n Euro?"
Der Typ zögerte und meinte dann: "Nee, aber ich hab was viel besseres. Bist du alleine?"
"Ne, da is noch n Kumpl. Haste für den auch noch n Euro?"
Der Typ ging Richtung Parkplatz, traf sich da mit jemandem, den er in dem trüben Licht kaum erkennen konnte und kam wieder.
"Hier, voll gutes Zeug." Er hielt ihm zwei Pflaster hin.
"Hasse kein Strohrum oder so? Was soll n dat sein? Rattenjift?"
"Ne, nur das hier. Is voll gut."
"Jenau dat ham se dem Didi auch jesacht, als er hops jejangen is."
"Nein, echt gutes Zeug."
"Ja, jenau das ham se jesacht."
"Das is Bliss, Mann."
"Ey, wow, Bliss, Alter. Bist voll korrekt, Alter!"
"Gibst deinem Kumpel aber auch was ab, oder?"
"Jaja."
Sein Kumpel Wolle hatte ihn wohl gehört, denn er steckte sein Kopf aus dem Zelt. Aus der Dunkelheit hörte man ein "Was jeht, Alter, hasse Stoff?"
"Mann, schlaf erst mal aus, das nehm´ wer dann nachher zusammen."
Mist, der Typ lässt nich locker, geht sogar bis zum Zelt zwischen den Bäumen und Büschen hinterher. Trotzig gab er Wolle ein Pflaster und drückte sich das Bliss auf seine Halsschlagader. Wow. Space! Lord! Mother! Fucker!
https://www.youtube.com/watch?v=J5ttxK7SOC8Kai hatte neben dem Novacoke noch eine potenzsteigernde Pille eingeworfen. Filly war einfach der Hammer. Er schwamm in einem Meer aus ´mehr!´. Nun lag er auf Boden seines Bungalows und war völlig fertig. Näschen. Er zog sich seinen Anzug an und... wartete. Er war gespannt, wie lange Filly im Bad benötigte. Nach einer gefühlten Ewigkeit ging es los.
"Kleines, wir machen noch nen schnellen Pit Stop, bevor die Show beginnt."
"Alles was du willst, Papa!"
Filly ist einfach n Knaller. Mit ihrer Hand zwischen seinen Beinen fuhr er in seinem Porsche durch Velbert zum Nordfriedhof. Karl stand da schon rum. Er hatte schon ungeduldig angerufen, nur weil Kai etwas später dran war. Hatte er es ihm nicht schon gesagt...? Er hielt mitten auf dem Weg und ließ die Scheibe runter. Karl schaute ins Auto.
"Lass uns das besser unter vier Augen besprechen."
Kai verdrehte die Augen. "Filly, Kleines, dauert nich lange." Er stieg aus, ließ den Motor laufen und die Türe offen.
"Alles, was du willst, Papa.", schmeichelte es ihm aus seinem Porsche heraus.
Sie standen etwas abseits. "Jetzt mach nich so lang rum Karl. Hier is die Kohle. Jetzt rück schon raus."
Karl nahm den Credstick, ließ sich die 25k anzeigen und machte eine Handbewegung ins Dunkle, abseits des noch halbwegs beleuchteten Parkplatzes. "Die Chips hab ich da hinten gebunkert."
Mannomann, allesamt völlig paranoid, diese Runner...
Karl drehte sich um und irgendetwas in seiner Stimme war zwingend.
"Ziehe. Dich. Aus."
Ohne darüber nachzudenken, zog er seinen Anzug aus, ließ die Hose fallen, Hemd, Unterhemd, Strümpfe. Er hielt gerade seine Unterhose in der Hand, als irgendetwas in seinen Geist eindrang. Ein Zauber! Mühsam konnte er ihn abschütteln. Alle Alarmglocken sprangen an. Ein Knall, irgendetwas flog auf ihn zu. Er konnte gerade so ausweichen. Auf einmal kam aus dem Dunkeln ein Typ aus ihm zugerannt und gab ihm volle Kanone eine mit. Ihm wurde schwummerig vor den Augen. Als quasi gleichzeitig noch einer zuschlug, gingen seine Lichter aus...
Filly wartete. Es gab Schlimmeres. Hauptsache Kai hielt sich an seine Abmachungen, die ihre Agentur mit ihm getroffen hatte. Nach ein paar Minuten sah sie ihn hinter seinem Porsche vorbei Richtung Parkplatz gehen. Er öffnete die Tür eines roten Kleinwagen, nahm irgendetwas heraus, schloss ihn wieder und putzte die Türklinke mit einem Tuch ab. Anscheinend kauft das kleine Arschloch hier gerade Stoff. Das lief im Model-Buisness aber wesentlich professioneller ab!
Er stieg zu ihr ins Auto. Sie ließ ihre Hand über seinen Schenkel gleiten, doch er nahm sie und schob sie weg. Sollte ihr nur recht sein. Er startete das Auto mit richtig Zunder, slidete über den Schotter des Parkplatzes und fuhr mit ordentlich Gummi auf die Straße.
Aus dem Nichts sah er sie an. "Sag mal, was hälst du von Ski fahren...?"
Kai kam langsam zu sich und spürte, wie er immer wieder auf die Wangen geschlagen wurde. Er war nackt. Auf dem Rücksitz eines Autos. Links ein Zwerg, rechts ein Elf. Ein Norm fuhr. Sie standen auf einem Waldweg. In der Hand hielt er seine Unterhose.
"Wo hast du die verdammten Daten?" Der Elf sah ihn von der Seite scharf an. Kai hatte noch damit zu tun, sich zu orientieren und war noch nicht in der Lage, zu antworten. "Wo hast du sie? Wo genau wohnst du? Wie kommt man rein?"
Kai konnte es immer noch nicht fassen. Er saß nackt mit seiner Unterhose in der Hand auf dem Rücksitz eines Autos... Anscheinend entführt von Runnern. Langsam begann es in seinem Kopf zu rattern. Ok. Sie wollen die Daten. Anscheinend ist die ganze Abhöraktion aufgeflogen und MCT hat jemanden engagiert. Nachdem das hier keine Japsen waren, mal nicht die Yaks. Sie wollten die Daten, klar. Vermutlich hatte Karl ausgepackt, dass er ihm schon je eine halbe Stunde Rohmaterial als Teaser geschickt hatte. Die Frage war nur, was sie anschließend mit ihm vorhatten... Langsam schmiedete er einen Plan zusammen....
"Äh, die Daten habe ich im Netz gespeichert. Einige Kopien."
"Und zu Hause? Oder in der Redaktion?"
"Wie wäre denn Folgendes: Ich sage euch, wo die ganzen Kopien des Rohmaterials sind, wenn ihr mich dafür am Leben lasst. Dafür könnten wir in Zukunft zusammenarbeiten. Eine Hand wäscht die andere. Ich bin bestens vernetzt. Was immer sich tut in der High Society, ich weiß es. Habe einigen Einfluss und Informanten ohne Ende..."
Alle sahen sprachlos zu Kai. Der Fahrer holte ein Komm heraus und rief jemanden an.
"Klingt gar nicht schlecht. Lass mal hören. Am besten fängst du damit an, uns die Passwörter zu geben."
Anscheinend hatten sie einen Decker und der hatte bereits sein Komm geknackt.
"Und dann noch die Kombination vom Safe.", fauchte ihn der Elf von der Seite an.
Er redete lieber über den Rückspiegel mit dem Fahrer. "Die sind zwischen meinen Musik- und Film-Chips. Eine Nadel im Nadelhaufen sozusagen."
"Dann bring uns da hin!", fauchte der Elf wieder.
"Äh, ist euch schon aufgefallen, dass ich nackt bin? Um reinzukommen, brauche ich mein Kommlink. Und mein Nasenspray ist auch weg! Mein dreks Heuschnupfen bringt mich noch um! Und verdammt nochmal, jetzt macht endlich Platz, dass ich mir wenigstens meine Unterhose wieder anziehen kann!" Irgendwie hatte er sich in Rage geredet. Sei´s drum! Wenn er schon drauf gehen sollte, dann wenigstens noch mit einem Rest an Würde...
Maurice machte mit Diego die Tür der "Almhütte". Als sie Kai Tidije mit Filly Schwartz ankommen sahen, wussten sie, was die Stunde geschlagen hatte. Sie sahen sich beide an. Als nächstes hatten sie ihre Komms in der Hand. Paparazzis mussten benachrichtigt werden. Nebenverdienst. Und es kam, wie es kommen musste. Immer mehr Gäste strömten rein. Die Luxusschlitten parkten um die Wette.
Irgendwann kam ein junger Typ im Anzug von der Stange an. Im Taxi. Maurice sah Diego an und lächelte.
"Stopp. Geschlossene Gesellschaft. Du stehst nicht auf der Liste."
Der junge Anzugträger sah sie beide an. "Und... äh... wie viel soll so ein Platz auf der Liste kosten?"
"Fünf."
"Das ist mir zu teuer. Zwei?"
"Vier."
"Das kann ich mir nicht leisten." sagte er enttäuscht und wollte wieder gehen.
"Also gut, für dich drei."
Er drehte wieder um. "In Ordnung."
Schnell verdiente 3k. Maurice ließ den jungen Asiaten rein.
Karl von Rothenfels ließ sich nach der Sauna auf die Massageliege fallen. Dieser Kai Tidije ließ mal wieder die Kuh fliegen. Eigentlich war er hier in der "Almhütte" nur, um gediegen ein paar Schwünge mit den Skiern zu machen, aber Freibrause, Näschen und jede Menge Nachwuchsmodels oben ohne... da war man nicht abgeneigt. Nur mit dem gediegenen Ski fahren war es halt vorbei. Dafür war er auf einem Schlitten ein paar mal mit den jungen Mäuschen unterwegs. Der Gastgeber hatte sich auch überraschend früh mit Filly zurückgezogen. Darüber würde selbstverständlich keiner der Paparazzi schreiben. Nur Bilder von Party. High Life. Süßes Luxusleben und so weiter. Alles, wovon Otto Normalo träumt, aber auch nichts, was ihm seiner Illusion beraubt oder worüber er sich moralisch aufregen würde. Immerhin war Frau Schwartz nächste Woche bei dem großen Echt-Live-Event vom WDR angekündigt. "Wetten, dass...?". Der Haupt-Star war natürlich Joe Venski, der den neuen Karl Kombatmage Streifen hypen würde. DeMeKo muss einen schönen Batzen an die Horizon-Tochter gezahlt haben, um ihn dort zu etablieren.
Wie dem auch sei, auf der Liege nebenan war ein neues Gesicht. Jung, asiatisch. Hatte er noch nie gesehen.
"So eine Massage ist schon eine Wucht", sprach er ihn an. Nachdem er erst einmal nicht antwortete, legte er sein Gesicht wieder in die dafür vorgesehene Aussparung in der Liege. "Aber Sie haben natürlich Recht. Man sollte seine Massage in Stille genießen."
"Oh, ja, echt eine Wucht. Die machen das richtig gut."
"Gestatten, Karl von Rothenfels." Er hielt ihm seitlich die Hand hin. Er zögerte.
"Nagato... Nagato... Schmitt."
Soso. Eindeutig jemand, der hier nicht reinpasste. Interessant. "Und was treibt Sie so in den Plex, Herr Schmitt?"
"So dies und das. Bin nur auf der Durchreise."
"Ah, Geschäftsmann, ich verstehe. Gut, dass ich da raus bin."
"Ich verstehe, Sie genießen das sorgenlose Leben?"
"Sorgenlos? Ich wünschte, es wäre so. Die verdammte Klimaanlage in meinem Ferienhaus ist immer noch kaputt. Ich glaube, der Hausverwalter haut mich übers Ohr!"
"Ich komme ja aus der Technikbranche. So eine Klimaanlage ist jetzt wirklich keine große Sache."
"Ja, und ohne bist du im Dschungel total aufgeschmissen." Er beobachtete ihn genau. Stille.
"Wo genau steht denn Ihr Ferienhaus?"
"Na, auf Mauritius, wo jetzt jeder Hans eines hat."
"Ich könnte ja mal hinfliegen und sie mir anschauen?"
Karl von Rothenfels lachte innerlich. Sehr geschickt. Mag sein, dass das so ein junger Start-Upper war. In die Nesseln wollte er sich auch nicht setzen. Auf jeden Fall mal überprüfen lassen, den Typen.
"Sicher machen Sie doch einfach einen Termin mit der Hausverwaltung... äh.. hier, meine Karte." Er strahlte in der AR seine Visitenkarte aus. Zurück bekam er eine Nummer. Nichts Protziges.
"Aber für schlappe acht Millionen könnten Sie es auch einfach kaufen."
"Nein, nein. Das lasse ich lieber. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass die Klimaanlage nicht funktioniert."
Karl von Rothenfels musste lachen. "Anscheinend haben Sie tatsächlich einen gut informierten Spitzel vor Ort, Sie Schelm."
Filly Schwartz war nicht wirklich überrascht, als Kai mit ihr schon gegen zehn die Party in der Almhütte verließ. Er hatte für Party und Paparazzis gesorgt und sie für einige ihrer Freundinnen, die auf ihren großen Durchbruch hofften. Solche "Freundinnen" hatte sie immer mehr, seit bekannt wurde, dass sie in der neuen Show vom WDR plaziert war. Sie alle wollten sie benutzen und warum sollten sie ihr nicht auch einen Gefallen tun?
Kai Tidije dagegen war einfach ein Drekhead. Er konnte mit seinem Einfluss in der Medienbranche Leute pushen oder vernichten. Aus dieser Macht machte er keinen Hehl. Filly wollte natürlich gepusht werden und deswegen verbrachte sie dieses Wochenende mit ihm. Im Hotel jedoch überraschte er sie. Anstatt wie am Vormittag völlig rücksichts- und hemmungslos über sie herzufallen, wollte er sie heute Abend befriedigen. So lag sie auf dem Bett, seinen Kopf zwischen ihren Beinen und genoss den Rausch von Alkohol, Novacoke und Orgasmus bevor sie einschlief. Den Einstich in ihren Po bekam sie gar nicht mehr richtig mit.
Sie gingen noch eine Runde saunieren. Später verabschiedete sich Herr von Rothenfels von dem jungen Mann in Anzug von der Stange. Bei seinem Weg zu seiner Mercedes Limousine, in der sein Chauffeur wartete, sah er Nagato Schmitt unschlüssig am Eingang der "Almhütte" herumstehen.
"Darf ich Sie mitnehmen?" Er wies mit seiner Hand in Richtung Mercedes, dessen Hintertür sich wie von Geisterhand öffnete. Herr Schmitt stieg ein. So saßen sie sich im Fahrgastraum gegenüber.
"Darf ich Ihnen etwas zu Trinken anbieten?" Herr von Rothenfels öffnete die Minibar, die gar nicht so mini war.
"Einen Scotch, bitte.""
Rein zufällig hatte Herr von Rothenfels einen wunderbaren schottischen Single Malt offen. Kultivierte Menschen würden das zu schätzen wissen. Herr Nagato Schmitt war nicht kultiviert. Er war froh, als er ihm eine mit Honig versetzte Whisky-Plörre vorsetzte.
"Ich bin froh, dass wir uns unter vier Augen unterhalten können. Ich suche immer ...Menschen, die mir Informationen beschaffen können und dafür auch ambitionierte Wege gehen."
"Ja, das mache ich auch gerne, wenn ich nicht gerade an Rechnern herumschraube oder mich medizinisch weiterbilde..."
"...ah, ein Mann mit vielen Talenten. Sie wären also bereit, den ein oder anderen Auftrag für mich zu übernehmen?"
"Natürlich. Ich melde mich, sobald ich Zeit habe."
Karl von Rothenfels kugelte sich innerlich vor Lachen. Natürlich. Er meldet sich, wenn er Zeit hat! Darf er gerne tun. Seine Mailbox war geduldig. Herr Nagato Schmitt würde schon noch begreifen, wie der Hase läuft.
Endlich durfte sich Kai Tidije sich seine Unterhose anziehen. Eingeklemmt zwischen diesem anscheinend angepissten Elfen und dem wortkargen Zwerg, der so aussah, als würde er nur auf den Exekutionsbefehl warten. Er gab den Zahlencode für seine Alarmanlage preis. Anscheinend machte es ihnen gar nichts aus, dass sie noch seinen Fingerabdruck brauchen würden. Der Typ fuhr auf den Waldweg parallel zum Kalkofen. Sie wollten tatsächlich durch den Wald zur Hintertür seines Anwesens laufen.
"Habt ihr vielleicht Schuhe für mich? Das wird sonst echt hart im Dunkeln quer durch den Wald."
"Na und?", meinte der Elf nur.
"Kannst meine Socken haben.", kam vom Norm auf dem Fahrersitz.
Socken. Besser als nichts. Und so kam es, dass er in Unterhose und Socken mitten in der Nacht querfeldein durch den Wald lief. Wenn er seine Hände nicht auf den Schultern des Zwerges hätte, müsste er sich hier durchtasten. Auch ohne den Elfen in seinem Rücken war an Flucht nicht zu denken. Die konnten anscheinend alle mehr oder weniger gut in dieser Dunkelheit sehen. Sie fanden auch sofort die Hintertür. Er öffnete sie und das dezente Licht sprang sofort an, als sie das Grundstück betraten. Im Bungalow brannte bereits abgedimmtes Licht. So gingen sie zwischen Pool und Tennisplatz über die Terrasse rein und er sah.... sich selbst! Drek! Der Typ da mit dem Kaffee in der Hand in seinem Wohnzimmer sah exakt so aus wie er!
"Ich könnte auch nen Kaffee vertragen."
"Ich auch."
"Was genau darf ich Ihnen denn anbieten? Mokka, Cappuccino, Espresso?"
"Einen Cappuccino, bitte.", sagte der Norm in Panzerjacke.
"Mokka, Milch und Zucker. Den Zucker aber gefälligst rein vor der Milch!", setzte der Elf fort.
"Kaffee wie gehört." gab er an seine KI weiter, die sein Haus steuerte. "Den Kaffee finden Sie dann in der Küche. Kann ich dann bitte duschen gehen?", sagte er in Richtung des Norms.
Aber er konnte seine Augen auch nicht von seinem Ebenbild lassen. "Ich habe schon von so etwas gehört..."
"Guter Bottichjob, nicht? Und nein, duschen ist nicht drin."
Es war merkwürdig, mit sich selbst zu sprechen. Selbst Körpersprache, Stimme und Tonfall stimmten überein.
"Wow, für Leute wie euch habe ich jede Menge Arbeit... Darf ich mir wenigstens was anziehen?"
"Wirklich? Wollen erstmal sehen, ob wir für Dich arbeiten wollen!" Der Elf war wieder aus der Küche zurück.
"Und denke dran", fuhr sein Ebenbild fort, "du hast die beiden Privatdetektive von Kunaz & Co umgebracht. Wir haben die Tatwaffe mit deinen Fingerabdrücken."
Er war erst einmal baff. "Sie sind ... tot?"
Sein Ebenbild ging ins Bad, kam mit einem Bademantel wieder und warf ihn ihm zu.
"Sonst gäbe es wohl kaum eine Tatwaffe!" Was genau hatte er dem Elf denn getan? Ok, sie mussten ihm zeigen, wer hier das Sagen hatte, aber er übertrieb es ein bisschen.
Sein Klon fuhr fort. "Ich schlage vor, du machst eine Woche Urlaub oder krank. Auf jeden Fall wirst du nicht in der Redaktion auftauchen."
"Kein Problem, ich muss diese Woche nur noch drei Artikel platzieren. Kann ich auch von zu Hause aus.
"Musst echt hart arbeiten für dein Geld, was?" Der Elf wieder.
"Dann brauchen wir nur noch die Chips." Der Typ in Panzerjacke mit dem schweizer Akzent schaute ihn an.
"Natürlich..." Er kramte die Chips aus seiner Sammlung heraus und zählte sie zur Sicherheit noch einmal durch. "Dann wäre ja alles geklärt."
Der Elf sah das anders. "Ein Drek ist geklärt. Wenn du uns dazwischen fährst, bist du Geschichte. Du wirst tun, was wir Dir sagen!"
Ihm platzte der Kragen. "Hör mal zu, du verdammter Blümchenfresser. Wenn Du mit allen Leuten so umgehst, mit denen du zusammenarbeiten willst, dann erlebst du den Frühling nicht mehr!", Er schluckte. Hoffentlich überlebte er das.
"Außerdem haben wir Filly Schwartz.", fügte sein Klon beunruhigend ruhig hinzu.
"In Ordnung, Leute. Ihr habt Filly und könnt mich mit einer Tatwaffe wegen Mordes belasten. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich euer Depp bin. Was mit Filly passiert, ist mir schnuppe und ich habe gute Anwälte."
"Warum genau legen wir ihn nicht um?", fragte der Elf in die Runde.
"Weil er mit uns zusammenarbeiten will. Er hatte gute Argumente.", gab der schweizer Norm zurück.
"Das würde ich gerne nochmal hören."
Er setzte also an: "Ich habe jede Menge Aufträge für Leute wie euch. Außerdem ist die Bezahlung kein Problem für mich." Kai streckte beide Arme aus, um auf sein Luxusanwesen hinzuweisen. "Außerdem könnte ich Sie jederzeit mit Informationen über die High Society versorgen, Dieses Rampenlicht wollen auch Leute aus Wirtschaft und Politik immer wieder nutzen." Er sah in die Runde. Die Mehrheit war wohl für Zusammenarbeit. Er sah seinen Klon an und streckte seine Hand aus. "Dann hätte ich gerne mein Kommlink zurück."
"Das kannst du gerne wollen." Er ging einfach an ihm vorbei und ging. Wie die anderen. Nur der Elf blieb, um ihn finster und wortlos anzustarren. Dann ging auch er. Sie fuhren in seinem Porsche davon.
Er atmete tief durch und ging erst einmal duschen. Hätte auch schlechter laufen können.
Ordner 3Das Kom schlug Alarm. Datenbombe ausgelöst. Drek! Georg Welsbach schaute fassungslos. Er war doch an keiner heißen Sache dran. Er sammelte Hintergrundinformationen. Als der WDR vor zwei Jahren von Horizon übernommen wurde, wollte er aussteigen. aber eine enorm hohe Sonderzahlung seines Arbeitgebers hielt ihn an der Stange. Wie dem auch sei, er musste quasi aus Versehen in irgendein Wespennest gestochen haben. Er hatte auch einen Verdacht, aber das würde bedeuten, dass die Yaks wissen, dass ... Nein, das konnte eigentlich nicht sein.
Zweifellos war jemand auf seinem Kom. Er fuhr es runter. Wenn es schlecht läuft, stehen sie auch schon vor der Türe. Er dachte an seine Frau und die drei Kleinen, die gerade in der Küche zusammen kochten. Er wollte seine Frau nicht in Panik versetzen und seine Familie aus allem raushalten. Er nutzte seine Spielekonsole, um mit dem WDR Kontakt aufzunehmen. Sicherheitsabteilung.
"Konrad, Sicherheit, was kann ich für Sie tun?"
"Hier Welsbach. Mein Kom wurde eben kompromittiert. Ich fürchte auch um meine Sicherheit und um die meiner Familie."
"Einen Moment."
Er wartete und versuchte, aus dem Fenster zu sehen. Hinter dem Haus sah alles so weit normal aus. Musste aber nichts bedeuten.
"Herr Welsbach?" Er gab nur einen Hm-Laut von sich. "Bitte fahren Sie ihr Kom wieder hoch und gestatten Sie die Anfrage 2bG(&)ichkriegdichduscheißhacker!. Ein Spezialist der Matrixsicherheit würde sich gerne den Tatort genauer ansehen."
"Wann kann ich mit Personenschutz rechnen?"
"Äh... Herr Welsbach... sehen Sie, durch die große Aktion am Samstag sind alle Kräfte gebunden. Vielleicht können Sie eine verwandte Person besuchen?"
"Das ist nicht euer Ernst..." Georg Welsbach fiel aus den Wolken. Als der WDR noch zu MCT gehörte, wären null-komma-nix paar Yaks vor der Türe gestanden. Aber es half nichts. Er atmete tief durch. Es war wichtig, dass er die Nerven behielt. Er ging durch die Wohnung und beobachtete die Umgebung durch die Fenster und ging seine Optionen durch.
Filly war angenehm überrascht. Nach allem, was sie über Kai Tidije so gehört hatte, verlief ihr Wochenende völlig anders. Gut, anfangs war er wirklich ein absoluter Dreksack, aber heute morgen besorgte er ihr persönlich ihre Goji-Beeren. Natürlich die erwachten! Hier im Hotel gab es leider nur die normalen. Danach fuhren sie in seinem Porsche quer durch den Plex. Loreley hier, Zeche Zollverein da und immer schön Fotos für P2. Ihre inzwischen doch etwas zahlreicheren Fans taten ihr übriges. Autogramm hier, Selfie da. Sie fühlte sich wie eine Prinzessin. Kai Tidije war ein echter Profi. Sie würde jederzeit gerne länger mit ihm zusammenarbeiten! Er war so süß! Er hatte tatsächlich Angst um ihre Sicherheit und hatte eine Personenschützerin für sie besorgt!
Georg Welsbach hatte lange gegrübelt. Draußen sah alles normal aus. "Schatz, ich gehe nochmal runter."
Seine Frau sah ihn entgeistert an. "Nicht heute... nachher kommen Ralf und Sonja zum Essen, hast du das vergessen?"
"Tut mir Leid, ist dringend."
Er ging nach unten. An der Straße stand sein Van. Vermutlich würden sie dort zuerst zuschlagen. Dann wäre seine Familie sicher. Als er die Haustür öffnete, stand vor ihm ein Zwerg in Anzug, der sich für die Klingelschilder interessierte. Nichts gegen Zwerge und auch nichts gegen Anzüge von der Stange, aber der roch quasi nach Ärger. Als er zu seinem Van ging und einstieg, sah er, wie der Zwerg sich weniger für die Klingelschilder , sondern mehr für ihn interessierte. Eindeutig! Er schloss die Türe, atmete tief durch und fuhr die Sensoren des Fahrzeugs hoch. Der Zwerg ging an seinem Van vorbei und direkt zu einem Auto, das in einer einmündenden Straße schräg gegenüber stand. Der dachte wohl, er hätte ihn nicht bemerkt. Sie fuhren los, über die Kreuzung, wendeten und stellten sich dort hinten in Beobachterposition ab. Drek! Die wussten, wo er wohnte. Dann wussten sie auch von seiner Familie! Am Ende würden sie ... das wollte er sich gar nicht vorstellen. Er holte eine Beruhigungspille aus einer Schublade und spülte sie mit Sake herunter. Wenn schon abtreten, dann mit Stil. Er hatte seine Entscheidung getroffen.
Er stieg aus und lief in aller Seelenruhe... nein, seine Seele war nicht ruhig. Das Mittel dämpfte nur seine Aufregung. Er ging also die Straße entlang Richtung der Leute, die ihn offensichtlich beobachteten. Die Ampel an der Kreuzung war rot. Als er nach einer gefühlten Ewigkeit die Straße überquerte, ging er direkt auf den roten Toyota zu und klopfte an die Fahrerscheibe. Sie senkte sich. Dahinter ein Norm in Anzug auf dem Fahrersitz. Der Zwerg hatte sich im Fußraum der Beifahrerseite versteckt. Hatte er tatsächlich den Boden des Handschuhfachs ausgebaut, um mit seinem Kopf und den Schultern darin zu verschwinden? Er schüttelte den Kopf. Was für eine absurde Situation.
"Sind Sie diejenigen, die mein Kom hackten?"
"Nein, das waren nicht wir."
Schweizer Akzent. Interessant. Aber seine Recherche über Genom war doch schon ewig her...
"Was auch immer ihr Auftraggeber möchte, sie haben meine Nummer und wissen, wo ich bin. Es wäre sehr vorteilhaft, wenn wir meine Familie da heraushalten könnten."
"Äh, ja."
"Vielen Dank. Ich weiß das sehr zu schätzen." Georg Welsbach drehte sich um und ging zurück. Die Ampel zeigte selbstverständlich wieder rot.
Kai Tidije kotzte innerlich. Auf P2 war er mit Filly an der Loreley zu sehen. Nur dass nicht er es war, der dort mit Filly stand. Er mit Filly am Kölner Dom, er mit Filly beim Shoppen. Wenigstens hatte sie zahlreiche Andeutungen platziert, was für ein toller Liebhaber er war. Zudem bekam er noch Nacktfotos mit sich und Filly im Bett auf seinen Kühlschrank geschickt. Ihr irgendwie einen Verstoß gegen die Vereinbarung vorzuwerfen, konnte er vergessen. Nicht einmal gegen die Geheimklauseln. Fluchend bestellte er sich ein neues Kommlink. Natürlich ein Fairlight. Den Porsche mit samt Spionageausrüstung darin konnte er auch abschreiben. Er nahm erst einmal sein "Medikament" gegen seinen "Heuschnupfen" und überlegte, ob ihm vielleicht ein Maserati gut stehen würde.
Es klingelte. Filly sah von der Sonnenbank auf, die sie sich vom Hotelservice auf ihr Zimmer hatte bringen lassen. Auf dem Monitor sah sie eine gut gekleidete Frau. Anzug. Zweckmäßig. Musste die Leibwächterin sein, die ihr Kai versprochen hatte. Sie hatte ihm klar gemacht, dass sie auf keinen Fall einen Typen haben wollte. Das ging nie gut.
Sie öffnete per Sprachbefehl die Türe. Die Frau sah kurz in ihre Richtung. War das ein Hochziehen einer Augenbraue? Sie legte gleich los. "Ich bräuchte dann bitte Ihren Terminkalender für diese Woche. Alle Termine und Leute, die Sie treffen." Echt pflichtbewusst. Eigentlich mochte Filly so etwas, aber im Moment war ihr das lästig.
"Machs Dir erstmal bequem und komme hier an. Nimm Dir was aus dem Kühlschrank. Da sind noch Müsli mit Goji-Beeren. Und zwar den guten. Ansonsten lass mich erst mal in Ruhe fertig brutzeln, dann machen wir das. Ich bin Filly und Du?"
"Yina. Yina Sakushi."
Filly machte es nichts aus, dass Frau Sakushi sie nackt mein Sonnenbaden sah. Ganz im Gegenteil, Sie genoss es, wenn andere Frauen auf ihr gutes Aussehen neidisch wurden. Früher hatte sie dieses Schämen der anderen Frauen um ihren Körper nie verstanden und irgendwie tat sie es heute noch nicht. Aber sie hatte den Fakt akzeptiert. Wirklich interessant wurde es erst, als sie herausfand, wie viel Macht ihr Körper ihr über Männer gab. Leider war der Segen manchmal auch ein Fluch. Aber dafür konnte man sich auch runterstylen.
Ihr Wecker ging an und sie seelenruhig ins Bad, um sich mit verschiedenen Cremes und Lotionen zu pflegen. Ihr Körper war ihr Kapital. Sie kleidete sich an und setzte sich zu Frau Sakushi. "So, gehen wir mal die Woche durch. Hier ist mein Terminplan."
"Haben Sie noch zusätzliche Termine, die nicht darin stehen?"
"Naja, am Dienstag Abend wollte ich mich mit ein paar Freunden treffen und am Donnerstag morgen mit Sabine frühstücken gehen. Probe am Mittwoch steht ja drin, Generalprobe am Freitag auch. Samstag ist dann die Show."
"Gut, wo genau wollen Sie sich mit ihren Freunden treffen? Ich würde mich über die Örtlichkeiten gerne informieren. Und ab Dienstag Abend sind Sie in diesem Hotel eingemietet vom WDR?"
"Äh. ja."
"Gut. Ich müsste für die Sicherheit Ihrer Kommunikation noch einen Mitarbeiter in der Matrix zuschalten."
"Aber ich will keine Nacktbilder von mir in der Matrix sehen!" Nicht dass sie wegen so etwas beschämt gewesen wäre, aber für ihren Marktwert wäre das vernichtend. Vermutlich. Es hatte auch einzelne Fälle gegeben, bei denen das Aufkommen solcher Bilder die Karriere gepusht hatten. Aber das waren Ausnahmefälle.
"Selbstverständlich. Diskretion genießt bei uns einen außerordentlich hohen Stellenwert."
Gregori Wagner hatte sich seine Brötchen neben dem Studium her beim WDR verdient und weil er etwas Ahnung von Hacking und Abhöraktionen hatte, war er bei den Matrixsicherheit gelandet. An und für sich ein ruhiger Job. Datenverwaltung, die Effizienz einzelner Mitarbeiter überprüfen, so dass sich Game- und Pornokonsum halbwegs im Zaum hielten und eben jetzt auch so etwas. Anscheinend wurde ein Rechercheur erpresst. Er wusste nichts Genaues, er sollte sich nur auf die Lauer legen und herausfinden, wo sich die Anrufer befinden. Eine Datenbuchse wäre hilfreich, aber sein Tramp-Netz musste reichen. Zumindest bekam er vom WDR ein teures Deck gestellt. Er wusste, dass das Ding die minimale Ausstattung zum Hack war, aber auch dafür musste man schon 50k hinlegen...
Richard Kowalski war aufstrebender Rechtsanwalt beim WDR. Sein Auftrag war eindeutig. Er musste zu diesem Georg Welsbach, einem gut bezahlten Rechercheur und ihn davon abhalten, sich erpressen zu lassen. Er hatte gestern in der Sicherheitszentrale angerufen. Nun waren leider nahezu alle Sicherheitsteams mit der neuen Live-Sendung beschäftigt. Es ist kaum zu glauben, welche Herausforderungen auch nur ein einziger Mega-Star an ihre kleine Abteilung stellte. Aber Horizon hatte nun einmal hohe Anforderungen und wollte mit einer Abfolge von echten Medienereignissen in der Medienbranche der ADL Fuß fassen.
Er war schon fast vor Ort, als er von der Sicherheit live in ein Telefonat eingeklingt wurde.
"...uns einfach die Informanten preis, mehr wollen wir gar nicht."
"Und in welcher Sache?"
"Wie? Welche Sache? An wie vielen arbeiten Sie denn gerade?"
"Fünf."
Schweigen.
"Ich melde mich nochmal."
Die Sicherheit meldete, dass sich das Kommlink in Bewegung befand. Anscheinend wurde aus einem Auto heraus telefoniert. Die Sicherheit meldete, dass sie die Nummer habe. Sie werde durch regelmäßige Checks versuchen, den Unterschlupf der Erpresser herauszufinden. Richard Kowalski war am Überlegen, ob er seinem Vorgesetzten vorschlagen solle, für diese Lage Runner als Personenschutz anzuheuern bis sie die Lage mitsamt Beweisen der Polizei übergeben konnten.
Er klingelte mehrmals bei Welsbach, bis sich die Türe endlich öffnete. Auf dem Weg nach oben nahm er zwei Stufen zugleich. Er klingelte an der Wohnungstür im dritten Stock. Richard Kowalski war gespannt. Er hatte der Personalakte schon entnommen, dass Welsbach schon lange nicht mehr der harte Hund seiner Jugendzeit war. Kinder. Kinder waren immer Erpressungspotential. Er hatte sich bereits einen Plan zurecht gelegt.
Georg Welsbach schüttelte den Kopf. Gestern hatte er den ganzen Tag auf den Anruf gewartet. Er war wirklich bereit, alle Informationen weiter zu geben. Und es kam... nichts! Und jetzt? Ein Anruf und sie wissen noch nicht einmal, hinter was genau sie her sind...!
Als die Tür klingelte, fragte er vorschriftmäßig bei der Sicherheit an. Es war jemand vom WDR. Er musste sehr sportlich sein, denn schon kurze Zeit später klingelte es wieder. Er stand bereits vor der Wohnungstüre.
"Guten Tag, Kowalski mein Name. Herr Welsbach, ich wurde geschickt, Sie in dieser schweren Stunde zu beraten." Er setzte sein zuversichtlichstes Lächeln auf. "Sicher ist diese Situation neu für ..."
"Nein.", fiel er ihm ins Wort, "Aber früher standen bei so einem Vorfall sofort Sicherheitsleute vor der Türe. Mir sagte man, ich solle meine Familie zur Verwandtschaft schicken. Was für eine Frech..."
"Bitte, wir sollten alle professionell bleiben und einen kühlen Kopf bewahren. Ich sehe, Sie haben der Anweisung Folge geleistet. Sehr gut. Sehen Sie, der WDR möchte verdiente Rechercheure wie Sie auch weiterhin in seinen Diensten wissen. Wir werden alles Nötige tun, um diese Lage zu einem glücklichen Ende zu bringen." George Welsbach kochte innerlich vor Wut. Damals, als der WDR noch bei MCT war... Aber was solls, das ist vorbei. Und er wollte seine ausgebautes Informationsnetz noch einige Jahre für gutes Geld weiter arbeiten lassen und sich dann zur Ruhe setzen. So war es gedacht...
Der Schnösel von der Rechtsabteilung ging nach nebenan, um ein "wichtiges Telefonat" zu führen. Er glaubte ihm kein Wort. Vielleicht war er dem WDR inzwischen zu teuer geworden. Sie würden ihn kalt stellen und mit den ihnen vielleicht schon bekannten Informanten weiter arbeiten. George ergriff die Gelegenheit und den Hörer. Als der Gesprächspartner abnahm, war wieder ein Knacken zu hören.
"Ja?" Schweizer Akzent.
"Hören Sie, hier hat sich einiges geändert. Sagen Sie mir jetzt bitte, was Sie wissen wollen."
"Äh, wir wollen ihre Informanten."
"Ich werde nicht mein ganzes Netzwerk aufgeben, aber wenn Sie mir sagen, in welcher Sache..."
Von hinten kamen Worte wie ein scharfes Schwert. "Wenn Sie DAS tun, werde ich dafür sorgen, dass sie in der gesamten Medienbranche keinen Fuß mehr auf den Boden setzen können!"
In Georg Welsbach kochte es hoch. er schrie halb ins Komlink, halb Kowalski entgegen: "Meinen Sie, ich habe Lust, mein weiteres Leben mit Personenschutz zu verbringen? Personenschutz, der jetzt nicht einmal hier ist? Und falls er vielleicht irgendwann einmal kommt, dann wird er sowieso nach ein paar Tagen wieder abgezogen! Sie können mich mal!"
"Sie legen jetzt sofort auf!"
Bevor George nachdenken konnte, hatte er bereits instinktiv die rote Taste gerückt.
Richard Kowalski saß am Esstisch und sah seinen widerspenstigen Mandanten an. Er starrte ihn an. Die Sicherheitsabteilung würde zwei Bodyguards schicken und so lange solle er noch vor Ort bleiben. Schöner Drek! Er konnte nur hoffen, dass diese Erpresser nicht so dumm waren und hier mitten in Düsseldorf ein Massaker veranstalten würden. Die Zeit zog sich. Er vertrieb sie sich weiter damit, sein Gegenüber in Grund und Boden zu starren.