Ich leite viele Spontanrunden und One-Shots, darunter auch einige Einsteigerrunden. Ich habe das Gefühl, dass mir das aufgrund langer Erfahrung einigermaßen gut gelingt. Viel schwerer tue ich mir da mit Kampagnen und Few-Shots und ein Grund dafür ist, dass One-Shots aufgrund ihres klar abgesteckten zeitlichen Rahmens sehr einfach im Pacing sind!
Ich persönlich empfinde vier Stunden als die perfekte Länge eines One-Shots. Drei Stunden klappen auch, sind aber für mich persönlich merklich herausfordernder. Mein erster Tipp wäre also, den One-Shot nicht zu kurz zu machen. Wenn du vier Stunden planst, aber schon nach drei Stunden fertig bist, hast du trotzdem einen gelungenen One-Shot. Wenn du aber nur drei Stunden planst und dann nicht fertig wirst, hast du das Problem, dass du zum Schluss zu viel raffen musst oder eben der von dir angesprochene versehentliche Few-Shot daraus wird!
Während des Leitens halte ich es dann für wichtig, regelmäßig auf die Uhr zu schauen. Beim Online-Rollenspiel ist das zum Glück sehr einfach, weil man die Uhr auf dem Rechner ständig im Blick haben kann. Die erste Stunde lasse ich dann als Spielleitung gerne einfach so "vor sich hin plätschern". Die Spieler sollen in ihre Charaktere reinfinden, ein bisschen herumalbern und entspannten Spaß haben. Und falls jemand zu spät kommt oder sonst etwas unvorhergesehenes passiert, hat man die erste Stunde als "Puffer", wenn man da nicht allzu heftigen Plot plant.
Dann plane ich etwa zwei Stunden, um sich stärker mit dem Plot des Szenarios zu befassen. Etwa in der Mitte versuche ich eine kurze Pause einzurichten. Das finde ich gerade bei Online-Spielen wichtig. Wenn alle gemeinsam nach der Halbzeit eine kurze Pause einlegen, minimiert man die Anzahl von "AFK-Gängen" zwischendurch, wo einzelne Spieler sich kurz ausklinken und dann vielleicht etwas Wichtiges verpassen.
Wenn ich dann auf die Uhr schaue und sehe, dass die letzte Spielstunde angebrochen ist, sehe ich zu, dass ich ein Finale forciere. Bei einem investigativen Szenario bewerfe ich die Spielercharaktere ab diesem Punkt regelrecht mit Hinweisen, damit sie möglichst schnell zur Lösung kommen und wir noch etwa eine halbe Stunde Zeit für eine finale Konfrontation haben. Bei einem eher actionreichen Szenario eskaliere ich in der letzten Spielstunde einfach hemmungslos, um so das Ende herbeizuführen. In einem Horror-Spiel nehme ich hier keinerlei Rücksicht mehr auf Überleben und geistige Stabilität der Charaktere.
Die Ultima Ratio bei einem kampforientierten Spiel ist dann das Raffen des Endkampfes. Im Idealfall muss ich das nicht machen, aber manchmal ist das dann aus Zeitgründen leider notwendig. Da ist der Antagonist dann doch bereit, früher aufzugeben, zu fliehen oder stirbt einfach an einer passenden Stelle. Es ist nicht perfekt, den Endkampf abkürzen zu müssen, aber es ist immer noch besser, als gar nicht zum Ende gelangt zu sein. Und da habe ich auch keine Skrupel, dass der Bösewicht die Charaktere einfach von sich aus konfrontiert, wenn sie es ihrerseits nicht rechtzeitig zur finalen Konfrontation geschafft haben.
Ein wichtiger Faktor für die Dauer des Szenarios ist für mich auch die Anzahl an Spielercharakteren. Ich nehme nur in Ausnahmefällen mehr als vier Spieler in einen One-Shot auf. Meiner Erfahrung nach dauern Spielrunden mit mehr Spielern einfach länger, wenn man jedem etwas Spielzeit einräumen will!
Vorgefertigte Spielercharaktere halte ich in den meisten Rollenspielen für unabdingbar für einen erfolgreichen One-Shot. Und bei Online-Runden verteilt man die am besten direkt schon im Forenthema und nicht erst am Spielabend, um Zeit zu sparen. Falls das gewählte Rollenspiel keine vorgefertigten Charaktere mitbringt und man sie selbst erstellen muss, frage ich mich vor allem, welche Charaktertypen am besten ins Szenario passen. Dann baue ich im Idealfall einen mehr als ich Spieler habe, damit jedem eine gewisse Auswahl bleibt. Und ich achte darauf, dass die Charaktere entweder kein vorgegebenes Geschlecht haben oder dass sie zumindest ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis haben, das auf Wunsch angepasst werden kann. Auch machen in One-Shots vor allem "Startercharaktere" Sinn. Fortgeschrittene Charaktere verzögern das Spiel oft durch zu viele Sonderfähigkeiten oder Erklärungsbedarf.
Bei Einsteigerrunden ist mir persönlich am wichtigsten, das Regelsystem zu vermitteln. Die Geschichte steht für mich dann im Hintergrund. Da entwerfe ich Szenarien so, dass sie exakt alle Regelmechanismen abklappern, die ich vermitteln möchte. Eine tolle Geschichte erleben kann man mit jedem Rollenspiel, deshalb ist das für mich bei einer Einsteigerrunde untergeordnet. Hier will ich genau vermitteln, wie das konkrete System funktioniert und ordne dem alles unter. Mein Ziel ist es da, dass die Spieler mit einem Verständnis der Grundmechaniken des Spiels aus der Runde gehen. Wenn sie sagen: "Wow, tolle Geschichte, aber ich habe immer noch keine Ahnung, was die Werte auf meinem Charakterbogen bedeuten!" dann war das vielleicht ein unterhaltsamer Spielabend, aber dann hat die Runde für mich als Einsteigerrunde versagt!