Hat schon jemand die Isenborn-Bücher gelesen? Sind die empfehlenswert?
Ich hab sie schon seit einiger Zeit durch und komme jetzt mal dazu, was zu schreiben.
Insgesamt: Klare Empfehlung von mir.
Die 4 Bände erzählen die Geschichte einer aventurischen (tobrischen) Adelsfamilie bzw. einer Generation bzw. im Grunde genommen geht es um 2 Geschwister und eher im Hintergrund noch um deren Eltern, Ehepartner, Kinder. Vergleichbar ist das Buch insoweit am ehesten mit Kiesows zerbrochenem Rad, aber aus meiner Sicht ist Isenborn um Längen besser.
Zeitlich umfasst ist die Zeit von der Invasion Borbarads in Tobrien, die Dämonenschlacht und die jüngeren Rückeroberungen bzw. -versuche. Örtlich spielt das ganze am Stammsitz der Familie in Nordwesttobrien an der (schwarzen glaub ich?) Sichel - und an anderen Schauplätzen, da die Protagonisten natürlich auch mal reisen müssen. Ach ja, und es geht um DSA-Goblins. In jeder Variation.
Die Handlung selbst ist gut, unterhaltsam, nie langatmig, gut dosiert mehrschichtig, aber nicht übertrieben. Man bekommt allerdings keine brillant inspirierte Superhandlung, sondern mehr oder weniger das, was man erwartet, wenn man die vorigen 2 Absätze liest. Allerdings würde ich das für ein Fantasywerk schon als klar überdurchschnittlich werten: man bekommt auch keinen zusammenphantasierten, völlig überzogenen und unrealistischen Vollmurks.
Das gleiche gilt auch für die Hauptfiguren und die meisten Nebenfiguren: sie sind recht normale Persönlichkeiten. Wer auf abgedrehte Gestalten steht oder verlangt, dass so ein Ritter mindestens Angst vor Blut oder Pferden oder Lanzen oder am besten vor allem 3 haben muss, der wird die Figuren langweilig finden.
Vom Erzählstil her wird viel Wert auf Kämpfe und Krieg gelegt. Speziell wird das Ritterwesen beschrieben. Ich fand es plausibel und sehr stimmungsvoll, wenn die Ritter in Einzelkämpfen und mit ihren Einheiten, den „Lanzen“ zusammen in Schlachten dargestellt werden. Für mich das Beste, was ich in die Richtung kenne. Ob historisch korrekt, kann ich nicht sagen, da keine Ahnung vom Thema. Auch Belagerungen und Fantasyelemente in Kämpfen kommen viel, aber gut dosiert vor. Auch das fand ich prima gemacht – im Vergleich zu Konkurrenzprodukten sogar deutlich hervorragend.
Die aventurische Stimmigkeit hat meinen Ansprüchen genügt – und meine Ansprüche kann man wohl als hoch, aber nicht sehr hoch beschreiben. Das grundsätzliche Flair und die ungefähre Geschichte sind mir wichtig, Details aus dem – sagen wir mal hochkomplexen – Metaplot ignorier ich gerne. Da stellen mich die Bücher voll zufrieden. Auch die Kategorie „fantastischer Realismus“ treffen die Bücher ganz gut. Vor allem gibt es nicht überall magische unbesiegbare Supergegner und Zauber, die in den meisten Fantasy-Büchern nerven. Gut, in Yol-Ghurmak gibt es Chefdämonen, mit denen man sich lieber nicht anlegt, aber das geht für mich auch völlig in Ordnung. Das spricht, nebenbei gesagt, für die Qualität der grünen DSA-Reihe. Bernard Craw hat mir auf der Ratcon nämlich erzählt, dass er seit Ewigkeiten kein DSA mehr spielt, sondern seine DSA-Hintergründe aus Regionalspielhilfen hat.
Was mir an der Handlung besonders gefällt, ist, dass der Autor konsequent nicht den Hollywood-Klischee-Handlungsstrang wählt, sondern die Handlung weitergehen lässt, wie es ihm grade passt. Wie soll man es beschreiben: Wenn einer entführt wird, folgt nicht zwangsläufig die heldische Rettungsaktion, sondern der Entführte könnte auch von selbst fliehen, auf der Flucht getötet werden oder in Gefangenschaft ermordet werden. Finde ich prima, da es zu große Vorhersehbarkeit verhindert. Vielleicht spielt der Autor sogar damit…ich hatte am Anfang mindestens 2 Befürchtungen für dämliche Handlungselemente bzw. wesentliche Wendungen, die der Autor beide ausgelassen und ganz anders gelöst hat.
Gut finde ich auch, dass Themen wie Verrat oder Selbstzweifel oder Verluste zwar vorkommen, aber der Leser wird nicht über hunderte von Seiten damit gequält – und die fantasyübliche Überreaktion der Protagonisten wird auch weggelassen.
Ach ja, der Autor macht hier und da Anspielungen/Anleihen auf A Song of Ice and Fire (passt für mich) und auf seine anderen DSA-Bücher (schadet nicht, aber reißt mich auch nicht vom Hocker).