Gestern habe ich in einer Spontanrunde erneut über meinen Rollenspielsystemtellerrand hinausgeschaut. Das ist leider noch nicht sehr häufig passiert, aber ich arbeite daran. Bisher kenne ich nur DSA 3 und 4.1 sowie Kobolde, wobei ich Letzteres eher als ein reines Spaßrollenspiel für zwischendurch ansehe. Gestern hatte ich dann meinen ersten Kontakt mit "Swashbucklers of the7 Skies" mit dem "PDQ#-System". Und ich muss sagen, ich bin immer noch schwer beeindruckt, obwohl ich darüber geschlafen habe. Warum? Nun, das möchte ich in ein paar Sätzen gerne versuchen darzulegen.
1. die Welt: Swashbucklers of the7 Skies
Man spielt in einer fantasievollen Welt mit Anlehnungen an das späte 16. und das 17. Jahrhundert. Es ist also die Zeit der Hüte, Mäntel, Fechteinlagen und Musketiere. Die Welt ist aber so vielfältig, wie unsere Welt zu damaligen Zeit. So gibt es auch Piraten, Wildnis, Zivilisationen mit unterschiedlichen Hintergründen und Eigenheiten, Händler usw. Das besondere: Die Welt befindet sich in einer Kuppel und in ihr fliegen Inseln in insgesamt 7 Bereichen (=Himmel).
Jeder dieser Inseln beherbergt eine Zivilisation und ein etwas unterschiedliches Setting in vielerlei Hinsicht. Da wäre zunächst einmal das Klima. Da gibt es Dschungel, Steppen, Wüsten und wahrscheinlich noch einiges mehr. Wir waren während des Abenteuers hauptsächlich nur in einer Stadt und allzuviel vom Hintergrund habe ich noch nicht gelesen, nur die Zusammenfassungen. Daher kann das hier keine abschließende Aufzählung sein. Dazu passen zeichnen sich die Kulturen durch unterschiedliche Eigenschaften aus. Die einen sind gerade dabei eine neue, wilde Insel zu besiedeln oder gehören zu ihren Ureinwohnern. Auf anderen Inseln steht die Romantik, Intrigen oder Kriminalität im Vordergrund. Das bedeutet nicht ein Ausschlusskriterium. Damit will ich sagen Intrigen, gibt es nicht nur auf der Insel x, aber dort eben Verstärkt usw.
Von Insel zu Insel kommt man mit fliegenden Schiffen und kann durchaus auch mal Piraten begegnen. Wahrscheinlich auch noch anderen Dingen.
Was mir besonderes gefällt ist die scheinbare Gewichtung zwischen Hintergrund an dem man sich anlehnen und das Rollenspiel wurzeln lassen kann und den Freiräumen, weil bei weiten nicht alles bis ins kleinste Detail festgelegt ist. Die Möglichkeiten sind groß. So kann man vereinbaren hauptsächlich nur auf einer Insel zu spielen. In diesem Fall hätte man dann entsprechend der Inseleigenheiten auch einen Schwerpunkt auf eine bestimmte Art von Abenteuern. Oder man hat eine Gruppe, welche viel reist und da viele unterschiedliche Abenteuerarten erlebt.
Es gibt auch so etwas wie Magie in dieser Welt. Kirchen sind ebenfalls vorhanden, wobei ich jetzt noch nicht weiß, ob Priester auch eine besondere Art von Stärke haben, wie die "Magier". Wobei ich dazuschreiben will, dass es diese meiner Meinung gar nicht benötigte, da die Möglichkeiten auch so für Rollenspiel sehr vielfältig sind. Ich kann auch momentan nicht einschätzen, ob diese speziellen Stärken dazu neigen, übermächtig zu werden. Dazu hatte ich einfach in der Runde zu wenig Kontakt damit. Aber vielleicht kann sich ja jemand, der die Welt und das System besser kennt, dazu äußern.
Um es kurz zu sagen: Eine vielfältige Welt mit großen Freiräumen und gutem Fundament an Hintergrund.
2. das System: PDQ#
PDQ# ist ein Indisystem. Wer aber nun bereits aufhört zu lesen, dem entgeht sehr wahrscheinlich etwas. Ich schreibe das hier so, wie ich es verstanden habe. Da ich nicht wirklich Regelfest bin, können sich auch Fehler eingeschlichen haben. Selbstverständlich dürfen diese dann gerne korrigiert werden.
Allgemeines:
Es ist ein cineastisches System, das sehr von den Schilderungen der Handlungen, Gesichtsausdrücken, Emotionen usw. lebt. Man darf auch gerne mal als Held sich wirklich von der Masse abheben. Immerhin ist man Held und nicht Lieschen Müller. Entsprechendes wird von System gefördert. So kann man nur aus den Stärken und Techniken des Charakters profitieren (siehe unten), wenn man sie in der Schilderung berücksichtigt. Zusätzlich kann sich ein Spieler für gutes Rollenspiel von der Spielleitung und/oder anderen Spielern Stilwürfel erhalten, indem man applaudiert. Zu Beginn eines Abenteuers hat jeder Char ein Stilwürfel. Sollte ein Spieler applaudieren, hat aber keine eigenen Stilwürfel mehr, bekommt der andere Spieler von ihm auch keine mehr, ist ja klar. Belohnt wird also gutes Rollenspiel. Für das anspielen oder Ausspielen von Schwächen kann die Spielleitung einen Stilwürfel springen lassen, ebenso für das Voranbringen der Geschichte oder bei verflixtem Pech (Spielleitung will, dass ein Char Pech hat) und noch anderem.
Was kann man nun mit diesen Spielwürfeln machen? Man kann sie einsetzten, um gutes Rollenspiel andere Charaktere (auch NSC's) zu belohnen, oder bei Herausfoderungen oder Duellen (siehe unten "im Spiel") sowie um die Welt zu verändern. Die Kosten für Weltveränderungen legt die Spielleitung fest. Sind es unbedeutende Kleinigkeiten, die keinen Einfluss auf das eigentlich Abenteuer haben und dem Rollenspiel dienen, kosten sie nichts. Bringen sie Vorteile, so kosten sie je nach Größe zwischen 1-3 Stilwürfel. Diese muss der Spieler nicht alleine aufbringen, andere Spieler können sich beteiligen, wenn sie wollen. Es ist also eine Welt, die begrenzt von den Spielern mitgestaltet werden kann, wobei der potenzielle Einfluss umso größer wird, je mehr Stilwürfel die Spieler haben.
Kurz: Kopfkino, Kreativität und gekonntes Ausspielen des Charakters sind besonders gefragt.
Erstellung:
Einen Held hat man ähnlich schnell wie bei Kobolde erstellt, wenn es sein muss. Man kann sich dafür aber auch länger Zeit lassen. Sie sind aber im Gegensatz zu Kobolden keine Wegwerfprodukte. Man brauch neben einem Namen nur noch ein paar Dinge. Dazu zählen mindestens eine Schwäche, mehrere Stärken und Techniken. Man hat bei der Generierung insgesamt sieben Stärke-Stufen zur Verfügung. Jeweils eine davon geht in Nation (Hintergrund), Motivation, Vergangenheit und in die Mantel & Degen-Stärke (=Hauptstärke, kurz M&D-Stärke). Darüber hinaus hat man drei Stärkeränge zur freien Verfügung. Mit diesen kann man eine der andere Stärken verbessern, sich neue Stärken oder zusätzliche Schwächen (ansonsten hat man nur eine) oder Technikpunkte kaufen. Eine Stärke kann auch ein Gefährte (Mensch oder Tier) sein. Alles andere, was man nicht als besondere Stärken gewählt hat, beherrscht man dennoch, aber eben nur ebensogut, wie der Jean Dupont-Normalbürger auch.
Von den Technikpunkten hat man ohne einen Kauf durch den Einsatz von Stärkepunkten fünf Stück. Hiervon kann man Techniken kaufen. Diese sind normalerweise an Stärken gebunden. Das bedeutet, dass sie nur eingesetzt werden können, wenn auch die Stärke zum Einsatz kommt. Es geht auch ungebunden ist dann aber teurer. Eine ungebundene Technik kostet drei Technikpunkte. Eine Technik, die an die M&D-Stärke gebunden wird, kostet einen Punkt, Techniken an andere Stärken gebunden kosten zwei Punkte.
Hört sich das zu kompliziert an? Dann liegt es an mir, dass ich es nicht leichter erklären kann. Es ist nämlich ganz einfach. Man braucht auch nicht zu würfeln bei der Erstellung.
im Spiel:
Kommt es auf Rollenspiel an. Man spielt einen Helden, der sich von Jean Dupont-Normalbürger deutlich in seinen Fähigkeiten unterscheidet. Gewürfelt wird nur, wenn es zu einer Herausforderung oder Duell kommt. Eine Herausforderung ist eine kleine, einfache Handlung. Das kann beispielsweise das Öffnen einer verschlossenen Tür sein, Klettern, Betören oder dergleichen sein. Hier würfelt man mit 2W6. Hinzu kommen die Modifikatoren der Stärken, welche man benutzt, um dieser Herausforderung zu meistern. Technik können auch eingesetzt werden, ebenso sogenannte Stilwürfel. Pro eingesetzter Technik oder Stilwürfel kann man entweder seinen Modifikator um 1 erhöhen oder einen Würfel neu würfeln. Dann wird alles addiert (die 2W6 und Modifikatoren). Hat man den Zielwert dieser Herausforderung erreicht oder übertroffen, so hat man sie bestanden. Für alltägliche Aufgaben liegt dieser bspw. bei 7, was dem Erwartungswert von 2W6 ohne dem Einsatz von Stärken, Techniken, Stilwürfeln entspricht.
Ein Duell ist ein Schlagabtausch und es kommt zu einem Hin- und Herwogen, meist im Kampf, bei harten spielentscheidenden Verhandlungen und dergleichen. Das Initiativrecht hat der Charakter mit mehr Stilwürfeln. Bei Duellen gibt es Offensiven und Defensiven. Vor dem Würfeln mit insgesamt 3W6 muss man festlegen wie viele davon auf Offensive und wie viele auf Defensive gehen. Dann wird gewürfelt. Zu den Ergebissen wird jeweils getrennt für Offensive und Defensive die Modifikatoren aus Stärken und ggf. Techniken hinzugezählt. Ebenso können durch Technik- oder Stilwürfeleinsatz Würfel erneut geworfen werden. Eigentlich ist das meiste identisch zur Herausforderung. Nur hat man hier drei statt zwei Würfel und zwei Bereiche: Offensive und Defensive. Hauptsächlich kommt das Duell sicherlich im Kampf zum Einsatz, aber auch Wort- oder Verhandlungsgefechte kann ich mir damit vorstellen. Offensive bedeutet dann die Güte des eignen Arguments und Defensive die Qualität der Entkräftung des Arguments der Gegenpartei.
Liegt die Offensivsumme des einen Spielers über der Defensivsummer des anderen Spielers, so erleidet der letzte Schaden. Dieser wird von den Stärken absorbiert (nach freier Wahl des Spielers). Ab einem bestimmten Grad können sie keinen Schaden mehr absobieren und wenn das bei allen Stärken so ist, dann ist der Charakter ausgeschaltet und fast tot. Er kann vom Gegner einfach per Ansage getötet werden, was aber schlechtem Rollenspiel entspricht. Ansonsten kann er dann festgesetzt werden, muss sich erholen und fliehen, was aber ein neues Abenteuer ist. Es gibt noch ein paar Feinheiten wie Kratzer und Luftholen, auf die ich hier jetzt aber mal nicht eingehe.
3. Fazit:
Ein sehr schönes System. Man kann sehr leicht reinfinden. Es besitzt viele Freiheiten und hat dennoch eine gehörige Tiefe, bei entsprechendem Spiel. Es eignet sich sicherlich gut als Einstieg, weil das Regelwerk relativ einfach gehalten ist. Auch in der Welt findet man sich schnell zurecht, wenn man ein paar Mantel & Degen-Filme gesehen hat. Und wer hat das nicht? Dazu gehören nicht nur die Musketiere, sondern auch Robin-Hood, Piratenfilme und dergleichen. Ich werde mich noch weiter mit dem System beschäftigen. Ich bin überzeugt, es lohnt sich.
Ganz zum Schluss:
Gibt es noch andere Systeme, welche ein ähnlich einfaches Regelwerk haben und mit Welten verbunden sind, welche große Freiheiten lassen, aber man auch nicht ganz ohne Anhaltspunkte dasteht? Bin auf Eure Vorschläge gespannt.