Pforten des Grauens
Brief an Whershim ibn Hiyadan, seines Zeichens Vater der bezaubernden WashaMein geliebter Vater,
ishtashtillak!
Es ist nun schon der dritte Winter, den ich ohne dich verbringen muss.
Seit meiner Flucht habe ich mich durchgeschlagen und immer wieder durch kleinere Tätigkeiten mein Überleben gesichert.
Ein lukratives Angebot lockte mich nach Kunchom. Von dort aus sollte ich mit einem Schiff nach Perricum rübersetzen. Der Kapitän wollte mich zunächst gar nicht mitnehmen.
„Eine Frau an Bord, und dann noch mit einer Schlange, bei Efferd, das geht nicht!“ sagte er. Doch was hast du mich immer gelehrt, mit den richtigen Mitteln schaffst du alles.
Leider ist unser Schiff in einen schweren Sturm geraten und gesunken.
Hesindian, ein junger Akkolut der Hesinde Kirche, fand mich leblos an einem Strand und nahm mich mit. Und so kam ich in ein Lager, mitten im maraskanischen Dschungel. Ich war im Land der Maraskaner, in das ich eigentlich gar nicht reisen wollte!
Dieses Gebiet ist verseucht, die Erde ist krank. Ich spüre es in jeder Faser. Natürlich nicht alles, aber große Teile des Gebiets. Tief ging es hinein in den Dschungel, der feucht und bedrückend wirkt. Damals, als wir an der Wüste entlang zogen und die Sonne jeden von uns an seine Grenzen trieb, dort ist es ähnlich. Ich wollte nur weg von diesem Fleck Deres, zurück ans Festland.
Eine Truppe Männer, gemischt aus Söldnern, Magiern und Höher gestellten, wollte sich in den Dschungel aufmachen und dann die Insel verlassen. Als ich das hörte, überredete ich ihren Anführer
Rondrigo, mich mitzunehmen. Ich musste unbedingt mit ihnen gehen, hatte ich denn eine Wahl? An der Küste, gerade in den Häfen,
sitzen die Borbaradianer. Sechs Monate, ganze sechs Monate sitze ich nun schon in Ssel'Athach fest. Sie mussten mich einfach mitnehmen!
Nach ein paar Augenaufschlägen und meinen herausragenden Überzeugungsfähigkeiten willigte
Rondrigo ein. Ich konnte mein Glück kaum fassen.
So schnell mich mein Schicksal hierher gebracht hatte, so schnell würde ich meinem eigentlichen Ziel wieder näher kommen - inshallah.
Doch schon nach ein paar Tagen musste ich meine Entscheidung bereuen. Immer tiefer brachte mich die Gruppe in
dämonisches Gebiet. Was sie dort vorhatten, wollten sie mir zunächst nicht verraten. Um dein sehnendes Herz zu schonen, berichte ich dir lieber nicht von den vielen Kreaturen, denen ich mich dort bis jetzt stellen musste. Ich muss sagen, die Gruppe wirkt doch noch sehr gespalten.
Da gibt es diesen
Alnabil Yarlan von Schnattermoor, der mit seiner wirklichen hübschen Knappin Myria unterwegs ist. Für einen Alnabil behandelt er mich wirklich nett.
Obwohl ich weit unter seinem Stand bin, ist er respektvoll und freundlich. Er hat auch noch nie versucht nach mir zu treten oder mich beleidigt. Manchmal ist er etwas verbohrt und edelmütig, aber so sind die Alnabil wohl auch. Seine Knappin Myria mochte ich anfangs nicht besonders. Sie ist zickig und intrigant, so wie wir schon viele ihrer Sorte auf unserem Weg trafen. Und sie weiß, dass sie schön ist. Doch offenbar lässt sich von den Männern niemand von ihr um den Finger wickeln. Gerade die Söldner haben seit meinem Auftauchen ein offenbar großes Interesse an mir und meinen Vorzügen.
Du hattest immer Recht Vater, irgendwann würden sie mich nicht mehr als Mädchen, sondern als Frau sehen hast du gesagt. Der Zeitpunkt ist gekommen und du kannst nicht da sein, um ihn zu erleben. Ich werde eine andere sein, wenn wir uns das nächste Mal wieder sehen.
Potro und Dynaar, zwei der Söldner, die offenbar als Seemänner mit der Gruppe gekommen waren, sagten mir, sie wollten mich beschützen, ebenso wie der Efferdgeweihte
Efferdaios. Er ist ein komischer Mann. Ich habe noch nie längere Zeit mit einem Geweihten zu tun gehabt, aber irgendwie hab ich mir die anders vorgestellt. Ich hätte gedacht, sie wären ernster und viel strenger mit den Tugenden der Götter. Und sie würden jeden Beschützen und die Hand über Menschen halten, die nicht von den Gnaden der Götter auserwählt wurden. Oft handelt er irrational, aber vielleicht bin ich auch nicht im Stande, das große Bilde Efferds zu sehen, nach dem er seine Auserwählten führt.
Anfangs war er noch nett, wenn auch still. Und dann plötzlich misstraute er mir. Ich weiß nicht wieso, ich habe alles getan, damit sie mich mitnehmen und ich weg konnte von dieser Insel. Ghurayb. Naja, sei's drum.
Doch zum Glück habe ich jetzt jemanden, der mich wirklich beschützt und mich verteidigt: Rondrigo, li habibi.
War irgendwie klar, dass du dir den Anführer schnappst, würdest du jetzt sagen. Eigentlich habe ich nicht gedacht, dass er Interesse an mir hat.
Wir waren im Moor und er wurde krank, ich wollte ihn gesund machen, wie ich das schon oft getan habe, weißt du noch? Ich habe ihn geküsst, um ihm zu helfen, und plötzlich griff er mich, zog mich heran und erwiderte den Kuss. Alles kribbelte und ich bekam eine Gänsehaut, obwohl es um uns herum brütend heiß war. Dann ließ er mich los und schaute mir tief in die Augen. Der harte Kämpferblick, er war etwas Anderem gewichen, was ich nicht genau beschreiben kann. Wie gerne hätte ich deinen Rat gehabt!
Später am Abend verschwanden wir, um allein zu sein. Rondrigo wollte tanzen lernen von mir, aber ich glaube, das war nur ein Vorwand, um mir nahe zu kommen.
Er ist ein wirklich toller Mann, du würdest ihn mögen. Manchmal noch unbeholfen und rüpelhaft, aber er gibt sein Bestes.
Wir sind jetzt fest zusammen.
Ich weiß nicht, ob das nur ist, weil wir dachten, wir würden sterben. Hoffentlich bleibt er bei seiner Meinung.
Selbst als Rashiqa ihn gebissen hat – er war aber selbst Schuld musst du wissen – hat er sich wie ein Mann verhalten und es einfach überspielt.
Und sie und mich sogar noch gegen die anderen verteidigt. Der geborene Anführer eben!
Warum wir so eine Angst vor dem Tod hatten? Efferdaios sagte zu mir, dass wir wohl alle in den nächsten zwei Wochen sterben würden.
Ich meine, sowas kann der doch nicht einfach sagen? Wenn ein Geweihter sowas sagt, muss da was dran sein. Aber Kasim hat mir gut zugeredet.
Kasim ist ein Magier aus der Nähe des Raschtulswalls, der auch mit der Gruppe reist, um das Treiben der Dämonen hier zu bekämpfen. Er hat atemberaubende Fähigkeiten.
Einmal hat er so ein
Feuerwesen beschworen, dass mit ihm gesprochen hat. Es war sehr beeindruckend, wie er ein solch mächtiges Wesen so lenken konnte. Ich habe es nach dieser Beschwörung allerdings nur noch einmal gesehen, als er uns gegen die bösen Männer aus der Mine half – aber dazu später mehr.
Kasim hat mir jedenfalls gut zugeredet und gemeint, wir würden das hier sicher überleben, wir bräuchten nur einen guten Plan. So langsam dämmerte mir, warum dieser Trupp von zusammen gewürfelten Menschen hier war: es musste um etwas Großes gehen, etwas, wovon der normale Bewohner Deres nichts mitbekommt.
In einer ruhigen Minute fing ich mir Rondrigo und fragte ihn ein wenig aus. Er erzählte mir, dass sie eine Art Erz finden sollten, genannt
Endurium.
Aber Vater, dies ist alles streng geheim, also erzähle Bera besser nichts davon! Dieses Endurium sollte sich in einer Mine befinden, welche von
Belhalharnichtrondra Paktierern geführt wird. Ziemlich gefährliche Mission also.
Der zweite Magier in der Truppe und gleichzeitig ein Maraskaner ist
Brindijian. Ich habe ihn bis heute noch nicht so ganz durchschauen können. Er nennt mich dauernd „
Washajida“, obwohl ich ja gar nicht so heiße. Hier auf Maraskan sind sie alle Brüder und Schwestern, eine komische Kultur ist das. Ich hatte mit Brindijian nicht so richtig viel zu tun, ich weiß aber, dass auch er in der Heilkunst bewandert ist, anders als ich allerdings auf magische Weise.
Allerdings hat er gesehen, dass ich irgendwas magisches in mir trage.
Dieses Geschenk, wie du es immer genannt hast, ist anscheinend magischen Ursprungs. Also hatten die Leute damals vielleicht Recht?
Bin ich wirklich eine Hexe, ohne es bisher gewusst zu haben? Ich fühle mich dadurch besonders und gleichzeitig fürchte ich darum. Zukünftig werde ich versuchen, noch mehr darüber heraus zu finden. Brindijian versprach mir auch, das für sich zu behalten.
Um in das Lager und die Mine zu gelangen, gab es den Plan, sich als Karawane zu tarnen, die dort regelmäßig ein und auskehrt und Essen und Alkohol liefert.
Rondrigo hat sich mehrfach dagegen ausgesprochen, dass ich in die Mine mitgehe, aber ich konnte ihn nicht alleine gehen lassen.
Am letzten Abend, bevor der Überfall auf die Karawane stattfand, verbrachten Rondrigo und ich unsere erste Nacht miteinander. Er war sehr vorsichtig und einfühlsam, im Gegensatz zu seinem sonstigen Auftreten. Du hattest Recht, es ist schmerzhaft, aber ich würde es wieder machen. Er und ich sind seitdem auch fest zusammen. Er hat mich gefragt, so wie es sich gehört. Ich hoffe, du wirst ihn bald kennen lernen. Damals hätte ich mir nie träumen lassen, dass ein Mann seines Kalibers sich für mich entscheiden würde. Die kleinen Tricks, ihn um den Finger zu wickeln, haben gut funktioniert. Du warst ein hervorragender Lehrer. Aber zurück zum Plan.
Kurzum, der Überfall hat so funktioniert, wie er durchdacht war und ich habe – so wie Rondrigo es mir vorher aufgetragen hatte – einen Mann gefangen genommen.
Wie nicht anders zu erwarten, haben sich die Männer bei seiner Befragung angestellt wie die letzten Trottel.
Alhimar sakhif! Natürlich erzählte er mir mehr, als ich ihn befragte. Damals, als uns Sergal verraten hat und Brondir ihn bestrafte, hat er mich sehr inspiriert. Ein wenig Drohen und schon zwitscherte er wie ein Heckenschmaetzer. Ich sagte ihm zu, dass wir ihn zunächst am Leben lassen würden. So hätten wir ihn noch weiter befragen können, falls noch Dinge im Nachhinein unklar gewesen wären. Doch die Männer pochten darauf, ihn umzubringen. Jachi, ein heftiger Streit brach aus, ich stand allein gegen sie alle.
Auch Efferdaios hatte ihm gesagt, wir würden ihn verschonen, hielt die anderen dann aber nicht davon ab, ihn umzubringen.
Letzten Endes tötete Brindijian ihn. Außer mir rannte ich davon. Diese Kaltblütigkeit und dieses erbarmungslose Handeln, es widert mich an und ist mir gänzlich fremd.Doch ich hörte schon öfter, dass Wilde sowas machen und die Maraskaner scheinen teilweise sehr wild zu sein.
Auf unserem Weg fanden wir uns in einem Dorf ein, in dem ein Fest gefeiert wurde. Es wurden Käfer zerquetscht und alle färbten sich mit komischen Farben ihre Haare –
so wurde es mir zumindest berichtet, ich kann immer noch nicht richtig sehen … um es nochmal zu betonen, eine komische Gegend ist das hier.
Rondrigo und er kamen mir dann hinterher, um mich zu suchen. Kan! Wenn ich nicht gefunden werden will, sieht mich auch keiner.
Irgendwann, nachdem ich ein paar Lianen zerstört und einen Baum mit meinem Dolch bearbeitet hatte, kehrte ich in das Lager zurück.
Kurz angebunden einigten wir uns auf das finale Vorhaben am nächsten Tag und Rondrigo und ich gingen schlafen.
Er kann dich natürlich auf keinen Fall ersetzen, aber er tut mir ausgesprochen gut, seine starke Schulter ist ein großer Trost und Halt für mich, ishtashtillak!
Und so graute der Morgen, an dem Männer in die Mine aufbrachen, verkleidet als Mitglieder der Karawane. Sie hatten sich alle Decknamen gegeben, Rondrigo zum Beispiel hieß
Orelio (was ein bescheuerter Name!). Wie auch immer sie es mit ihren bemitleidenswerten Schauspielereien und Lügereien hinein geschafft haben, weiß ich nicht.
Doch zum Glück hat es geklappt. Derweil machte ich mich über die nahe gelegenen Berge auf, um das Lager um die Mine herum im Auge zu behalten und im besten Fall das Endurium entgegen zu nehmen.
Dieser Ort ist unheimlich. Die Kreaturen dort sind beängstigend und furchteinflößend. Ein Mann, den sie
Perdido Dorkstein nennen, ist auf einer Schlange herumgeflogen, das musst du dir mal vorstellen! Er tauchte auf und war plötzlich verschwunden – und dann tauchte er ganz woanders wieder auf. Das ist heftiges
Dämonenwerk, da bin ich sicher! Mehrere Stunden blieben die Männer in dem Lager und das vereinbarte Zeichen kam einfach nicht.
Mir wurde mulmig zu Mute. Was, wenn es schief gegangen war und sie keine Möglichkeit hatten, mich zu benachrichtigen? Doch ich sah immer wieder jemanden aus meiner Truppe durch das Lager huschen. Mal schaufelte einer oder brüllte Sklaven an oder trug Kisten von hier nach da. Und dann sah ich es, die Kiste mit dem Erz drin, hinter dem sie alle so gierig her waren.
100 Dukaten und mehr sollte nur ein Stück davon wert sein. Immer wieder beschlich mich der Gedanke, das Zeug mitzunehmen und selbst zu fliehen.
Wir hätten uns ein ruhiges Fleckchen suchen können, du und ich Vater, und die Familie selbstverständlich. Doch hätte ich es überhaupt alleine geschafft?
Vermutlich nicht. Und irgendwie wollte ich es nicht, nicht so schäbig sein, nicht besser als ein dahergelaufener Strauchdieb, shayin.
Und da, in der Dämmerung, kratzte sich ein Rondrigo die linke und rechte Pobacke. Ich ließ die Leiter hinab ins Lager und kletterte vorsichtig hinab.
Nach ein paar Worten mit Rondrigo riet ich ihm, die identischen Kisten zu vertauschen, damit das Erz bei mir in der Nähe stünde. Gesagt, getan.
Behutsam öffnete ich die Kiste und stahl Brocken für Brocken von dem Zeug. Doch schon nach kurzer Zeit begannen meine Hände zu brennen, als hätte das Zeug im Hochsommer in der Wüste gelegen. Einen nach dem Anderen wickelte ich sie in Kleidung ein und verteilte sie gleichmäßig an meinem Körper, indem ich sie mit Lederbändern befestigte. Ein starkes Mädchen kennt keine Schmerzen hast du immer gesagt, und so kletterte ich trotz der brennenden Schmerzen die Leiter wieder hinauf.
Im Schutz der Dunkelheit stahl ich mich davon. Jetzt mussten die Männer es nur noch schaffen, das Lager wieder unbeschadet zu verlassen.
Bis hin zum tiefen Felsspalt gelang mir der Weg einwandfrei, doch die Wand war sehr steil und glatt, kaum Möglichkeiten zum Festhalten. Ich war kaum ein paar Schritt in die Höhe geklettert, da rutschte ich ab und stürzte in die Tiefe. Mein Handgelenk knackte laut und an mehreren Stellen schürfte sich meine Haut ab. Allaenat!
Also musste ich einen Umweg suchen, der so aus der Felsschlucht hinaus führte. Die Stellen mit dem Erz brannten immer doller und es bildeten sich allmählich kleine Bläschen. Ich musste es loswerden, es irgendwo verstecken, zumindest für eine Weile. Meine geübten Augen erspähten eine uneinsichtbare Stelle, die ich zusätzlich mit Pflanzen und Erde zuschaufelte. Es tat gut, dieses verdammte Zeug wieder los zu sein. Doch die Blasen brannten noch immer, mein Handgelenk war mindestens verstaucht und die aufgerissene Haut schmerzte. Trotz alledem schlich ich mich zurück durch den Dschungel, bis ich wieder bei Kasim angekommen war, der ebenfalls außerhalb des Lagers gewartet hatte.
Du wärst stolz auf dein Mädchen gewesen!Dort warteten wir wieder einige Zeit, doch kein Zeichen vom Trupp.
Was war da drinnen los?
Warum kamen sie nicht?
Waren sie doch aufgeflogen?
Gerade, als ich mich an das Lager anschleichen wollte, brach drinnen ein Tumult los. Der Anführer der Paktierer so schien es mir, rief alle zusammen, weil sie wohl Verräter unter sich hätten. Ich musste handeln und zwar sofort, das war mir klar. Ich gab Kasim unser Zeichen und er sprengte mit einem lauten Knall die Stelle, an der die Kühe angebunden waren. Ich weiß nicht genau, was er da getan hat, aber es hatte was mit einem
Eisstrahl zu tun, wenn ich das richtig verstanden habe.
Augenblicke später kamen schon Rondrigo und Yarlan, dicht gefolgt von Brindijian, aus dem Lager gerannt. Einer dieser Typen, der das Lager bewachte, stellte sich in den Weg, doch ich schubste ihn in die Schlucht hinunter, durch die ich zuvor getapert bin. Der Aufprall und sein Knochenbrechen klangen widerwärtig.
Und so rannten wir nur noch, rannten bis tief in den Dschungel. Hinter mir sah ich noch, wie das riesige Feuerwesen von Kasim sich den Verfolgern in den Weg stellte und eine Wand aus Flammen bildete. Meine Lunge brannte, doch eine so große Panik hatte mich erfüllt, dass alle Schmerzen in diesem Moment egal waren. Ich hatte selten so eine Todesangst! Immer wieder hallten mir die Worte der Männer durch den Kopf.
„Wir werden das hier alle nicht überleben, wenn wir auffliegen.“
„Du bist nicht stark genug für diesen Auftrag.“
„Wenn etwas schief geht, sehen wir uns hoffentlich in Borons Hallen wieder“. Doch auch deine Stimme Vater.
„Washa, gib niemals auf. Leben und Sterben gehören zusammen. Kämpf, wenn es sein muss, bis zum letzten Atemzug und bete zu den Göttern.“ Ich hab versucht, in meinem Kopf ein Gebet an die Zwölf zu schicken, aber meine Gedanken waren so durcheinander. Wie wir es geschafft haben, weiß ich wirklich nicht,
aber irgendwann erreichten wir tatsächlich unversehrt das Lager der Samurojins. Durchgeschwitzt und schnell atmend fiel ich Rondrigo in die Arme. Und dann musste ich lachen. Keine Ahnung wieso. Erleichterung, Freude, neuer Mut, ich weiß es nicht. In dieser Nacht lag ich noch lange wach. Würden sie uns finden, die Verfolger, und uns dann alle töten? Ich hoffe nur, sie erfahren nie von dir, das würde ich mir nie verzeihen. Am nächsten Tag beim Essen fragten mich die anderen nach dem Endurium.
Ich sagte ihnen, dass es versteckt hätte, ihnen aber noch nicht sagen würde wo. Yarlan und Efferdaios zeigten sich direkt erzürnt, ohne sich anzuhören, was ich zu sagen hatte.
Doch Yarlan scheint sich besser im Griff zu haben, nach einem kurzen Anflug wurde er wieder ruhig und ich schilderte ihm meine Forderungen.
Richtig gelesen Vater, ich stellte einem Alnabil Forderungen.
Ich dachte nur an unsere Familie, unsere große Gemeinschaft, die immer Zusammengehalten hat. Das war es, was ich forderte.
Mehr Zusammenhalt und Respekt, und das erneute Versprechen, gegen mich kein Misstrauen mehr zu hegen und mich mitzunehmen, auf jeden Fall.
Efferdaios war noch immer erzürnt und faselte was von Erpressung. Ich dachte immer, die Geweihten wären mit sich im Reinen, ich meine, wenn nicht sie, wer sonst?
Aber er ist halt … anders. Yarlan sprach dann aber ein Machtwort und hat sich wieder mit Rondrigo vertragen, das war auch mir sehr wichtig. Dann haben wir noch allen verraten, dass wir zusammen sind. Ich glaube, einige der Männer waren nicht sehr erfreut darüber, aber naja, haben die halt Pech gehabt.
Nachdem also alles geklärt wurde und ich nur stark hoffen kann, dass die Männer sich künftig endlich besser vertragen und nicht wie die kleinen Jungs mit Holzschwertern verhauen, haben sich alle noch etwas ausgeruht. Am nächsten Tag zeigte ich den anderen dann den Ort, an dem ich das Endurium versteckt hatte. Abends kam Efferdaios noch zu mir und fragte mich über meine Fähigkeiten aus. Keine Ahnung, was ihn das angeht, aber trotz allem ist er ein Geweihter, die muss man mit Respekt behandeln, das hast du mich gelehrt. Ich berichtete ihm dann von einigen meiner wohl magischen Begabungen und danach ging er einfach weg. Einfach so, ahmq!
Entschuldige, aber ich werde mit ihm nicht warm. Inshallah, dass es in den nächsten Tagen besser wird.
Nun beobachte ich gerade den Sonnenuntergang aus einem der Häuser in den Bäumen im Lager der Samurojins. Rondrigo übt sich gerade ein wenig an seinem Schwert. Ich glaube, ich liebe ihn Vater. Aber das würde ich ihm natürlich niemals einfach so sagen! Und während die Sonne den Horizont küsst, denke ich daran, wo du wohl gerade bist und hoffe aus tiefstem Herzen, dass es dir gut geht.
Ishtashtillak baba!
Gesucht I für alle, Fürstkomturei Maraskan
11.5 Stein Endurium geborgen